Bundestagswahl nur noch alle fünf Jahre? Ein fatales Signal

14.9.2017, 11:29 Uhr
Ein Wahlkampf nur noch alle fünf Jahre ist für die Demokratie nicht förderlich. Gerade der zugespitzte Kampf um Stimmen hatte bisher noch am ehesten den Effekt, Menschen für Politik zu interessieren. Im Bild: SPD-Wahlmaterial für Martin Schulz.

© John MacDougall/afp Ein Wahlkampf nur noch alle fünf Jahre ist für die Demokratie nicht förderlich. Gerade der zugespitzte Kampf um Stimmen hatte bisher noch am ehesten den Effekt, Menschen für Politik zu interessieren. Im Bild: SPD-Wahlmaterial für Martin Schulz.

Was die repräsentative von der direkten Demokratie unterscheidet, das könnte man als eine lediglich für Politologen spannende Frage abtun. Hätte nicht das Jahr 2015 jedem Bürger vor Augen geführt, was repräsentative Demokratie bedeutet: Als die Kanzlerin vor der Frage stand, die in Ungarn gestrandeten Flüchtlinge nach Deutschland zu lassen, da wurden die Bürger nicht gefragt, wie es in einer direkten Demokratie der Fall gewesen wäre. Da entschied Angela Merkel selbst.

Ihre Legitimation: Sie wurde zwei Jahre zuvor vom Deutschen Bundestag zur Kanzlerin gewählt, dessen Abgeordnete wiederum vom Volk bestimmt wurden. Der Einfluss der Bürger auf die historische Flüchtlings-Entscheidung war also höchst begrenzt.

Repräsentative Demokratie, das bedeutet: Vertrauen. Alle vier Jahre wählen die Bürger Abgeordnete, denen sie das politische Schicksal des Landes anvertrauen. Damit geben sie aber auch vier Jahre lang die eigene Entscheidungsmacht aus der Hand. Eine lange Zeit.

Nun sprechen sich die Fraktionsspitzen aller Bundestagsparteien für eine Verlängerung der Wahlperiode auf fünf Jahre aus: CDU, CSU und SPD sind offen dafür, Grüne und Linke zeigen sich aufgeschlossen und in der FDP gibt es laut Redaktionsnetzwerk Deutschland mehr Befürworter als Gegner. Beschließen will man das nach der Wahl, in Kraft treten würde die Regelung dann ab 2021.

Natürlich gibt es Gründe dafür: Mit Wahlkampf und Koalitionsverhandlungen geht schnell ein halbes Jahr für echte politische Arbeit verloren und bei Landtagswahlen ist eine Legislaturperiode von fünf Jahren ja längst üblich.

Viele Bürger fühlen sich übergangen

Doch umso mehr spricht gegen die Pläne: Alle fünf Jahre zu wählen, heißt in einer repräsentativen Demokratie, dass der Bürger nur noch zweimal im Jahrzehnt etwas dagegen unternehmen kann, wenn die von ihm gewählten Volksvertreter in seinen Augen falsche Entscheidungen getroffen haben. Das ist zu selten.

Zudem bedeutetet eine verlängerte Legislaturperiode, dass es nur noch alle fünf Jahre Wahlkämpfe gibt. Das mag angenehm für die Parteien sein, für die Demokratie ist es aber nicht förderlich. Gerade der zugespitzte Kampf um Stimmen vor Abstimmungen hatte bisher noch am ehesten den Effekt, Menschen für Politik zu interessieren und ihnen Alternativen aufzuzeigen. 

Gerade in einer Zeit, in der sich viele Menschen von Politik übersehen oder übergangen fühlen, in einer Zeit, in der alle Parteien Politikverdrossenheit bedauern und bekennen, sich mehr Engagement und Einmischung von den Bürgern zu wünschen, wäre eine Verlängerung der Wahlperiode somit das völlig falsche Signal.

Ein Signal, bei dem die Botschaft mitschwingt: Liebe Bürger, bitte macht doch nur alle fünf Jahre euer Kreuzchen - und lasst uns den Rest der Zeit in Ruhe.

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