Das Polizeiaufgabengesetz bleibt ein Problem - auch für Söder

15.5.2018, 21:21 Uhr
Das Polizeiaufgabengesetz bleibt ein Problem - auch für Söder

© Peter Kneffel/dpa

Das Polizeiaufgabengesetz ist verabschiedet, aber es bleibt ein Aufreger. Jetzt sind SPD, Grüne und FDP am Zug, die auch den Weg nach Karlsruhe zum Bundesverfassungsgericht nicht scheuen werden, um das umstrittene Gesetz noch zu kippen. Das geht über reine Wahlkampftaktik hinaus.

Und da hat ausgerechnet Ministerpräsident Markus Söder erst vor wenigen Tagen angeregt, eine Kommission einzusetzen, die die Umsetzung des Gesetzes kritisch begleiten und prüfen soll. Souveräne Entscheidungen sehen anders aus. Oder wollte Söder einfach nur die inzwischen allzu hitzige Diskussion beruhigen?

Sogar der eigentlich als besonnen gerühmte Innenminister Joachim Herrmann schäumte geradezu, als er zuletzt Gegner des geplanten Gesetzes als Lügner bezeichnete. Doch Söders Angebot zum Dialog und zur Einrichtung der Kommission kam Wochen zu spät. Da standen in München bereits 30.000 bis 40.000 Menschen auf der Straße und zeigten ihren Protest.

Intern unter Druck

Und jetzt ist der Landesvater, der in seiner Regierungserklärung weite Passagen der Sicherheit gewidmet hatte, auch intern unter Druck. Nachgeben und nachbessern, besser noch vertagen — Söders bisheriges Rezept im Amt —, das würde ihm von der CSU-Fraktion und den Sicherheitspolitikern um Herrmann im Fall des Polizeiaufgabengesetzes als Schwäche ausgelegt werden. Das Thema vor der heißen Phase des Wahlkampfs einfach abzuräumen, wie beim Riedberger Horn oder dem weiteren Nationalpark — das würde nicht funktionieren. Beim umstrittenen Hilfegesetz für psychisch kranke Menschen hatte seine Korrektur noch genügt, das Thema vorerst zu entschärfen. Aber jetzt ist guter Rat teuer.

Denn Söder hat noch ein weiteres Problem. In den Umfragen zur Landtagswahl hat seine Partei bisher wenige Pünktchen zugelegt. Wie im Jahr 2008 müsste sich demnach die CSU im Herbst einen Koalitionspartner suchen. Und das wäre für die erfolgsgewohnten Christsozialen einer Wahlniederlage gleichzusetzen. Damals war der reformwütige Edmund Stoiber schnell als Schuldiger ausgemacht, der etwa den Beamten zusätzliche Arbeitsstunden aufgebürdet hatte. Der Franke Günther Beckstein war in der oberbayerisch dominierten CSU ohnehin als Ministerpräsident nicht gern gesehen und musste schnell das Handtuch werfen.

Desaströses Ergebnis

Im Herbst 2018 wäre der Schuldige Markus Söder, denn Horst Seehofer hat sich rechtzeitig nach Berlin abgesetzt. Es ist ja ohnehin erstaunlich, dass das desaströse Ergebnis der CSU bei der Bundestagswahl 2017 keine internen Konsequenzen hatte.

Söder muss also tatsächlich fürchten, dass ihm bei einem Misserfolg bei der Landtagswahl die CSU die Gefolgschaft aufkündigt. Beckstein war immerhin zwölf Monate lang Ministerpräsident, Söder brächte es dann auf gerade sieben.

Das sind Planspiele, die in der CSU durchaus diskutiert werden. Denn Söder ist nun mal Ministerpräsident auf Probe. Er hatte sich frühzeitig das Vertrauen der Landtagsfraktion erarbeitet. Wenn er jetzt aber die landesväterliche Attitüde zur sehr über die Parteiinteressen stellt, hat er schnell an Ansehen in den eigenen Reihen verloren.

Tatsächlich hat seine Idee von der Kommission, die das neue Polizeiaufgabengesetz in der Umsetzung beobachten soll, auch einigen Charme, und sie zeigen Söders taktisches Geschick. Er will damit den Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen, die Bayerns Liberalitas bedroht sehen. Teile und herrsche: Söder teilt die Gruppen ein in die konstruktiven Kritiker, auf die er auch als Wähler hofft, und jene aus Sicht der CSU Unbelehrbaren, deren Stimmen er sowieso nicht bekommt.

Fest steht aber: Das umstrittene Polizeiaufgabengesetz bleibt ein Aufreger, den Söder einfach nicht rechtzeitig abgeräumt hat.

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