Der Asylstreit schadet ausnahmslos allen - CSU und CDU

15.6.2018, 19:02 Uhr
Der Asylstreit schadet ausnahmslos allen - CSU und CDU

© Kay Nietfeld/dpa

Union bedeutet, nur zur Erinnerung, Vereinigung oder auch Einheit. Wohl kein Begriff passt derzeit schlechter zum Verhältnis der beiden Schwesterparteien CDU und CSU. Sie streiten miteinander ohne Rücksicht auf Verluste. Dabei: So etwas mögen die deutschen Wähler nicht. Sie bevorzugen im Großen und Ganzen politische Harmonie.

Schon das hätte die Protagonisten auf beiden Seiten  - Innenminister Horst Seehofer unter tätiger Mithilfe von Ministerpräsident Markus Söder auf der einen, Angela Merkel auf der anderen Seite - vorsichtig werden lassen müssen. Tat es aber nicht. Offensichtlich fühlen sich die Chriostsozialen seit Jahren von Merkel nicht ausreichend gewürdigt, zum Beispiel bei ihren - in der Sache recht schrägen - Forderungen nach einem Erziehungsgeld und einer Ausländermaut, die aber nicht so heißen darf. Den einen Vorschlag hat das Bundesverfassungsgericht schon kassiert, über den anderen wird der Europäische Gerichtshof noch urteilen.

Das durch solche Erfahrungen stark angeschlagene Selbstbewusstsein der Christsozialen ist der Hintergrund, vor dem sich ein selten gesehenes politisches Drama abspielt. Und wie es bei einer solchen Konstellation schier sein muss: Die Protagonisten machen gravierende Fehler, interessanterweise alle den gleichen: Sie lassen sich keine Hintertür zu einem Kompromiss offen, mit dem beide Seiten ihr Gesicht wahren können.

Merkels Horizont reicht weiter

Seehofer will, möglichst sofort, bei Kontrollen an den Grenzen all jene Migranten zurückweisen, die schon in einem anderen EU-Land registriert sind. Markus Söder assistiert ihm bei dieser Forderung vehement. An Europa denken beide allenfalls am Rand, und die ganze CSU würde womöglich einen Alleingang ihres Chefs decken.

Angela Merkel, deren Horizont über Bayern hinausgehen muss, will das so um keinen Preis, auch, um der angeschlagenen Europäischen Union nicht noch weiter zu schaden.  Sie will die Dinge bilateral regeln, und im Klartext heißt das wohl: Geld für Länder wie Italien oder Griechenland, wenn sie Migranten zurücknehmen.

Das Problem dabei ist: Zwischen beiden Positionen gibt es keinen wirklichen Kompromiss, da kann sich der jetzt als Vermittler eingeschaltete Wolfgang Schäuble so sehr bemühen, wie er will. Es gibt nun im wesentlichen zwei denkbare Szenarien: Seehofer riskiert den Alleingang; das aber kann sich Merkel nicht bieten lassen und muss mindestens von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch machen - oder ihn gleich entlassen. Die CSU kann sich dann überlegen, ob sie weiter in der Regierung bleibt, ist aber auf jeden Fall politischer Verlierer. Und Merkel? Hat ihren Ruf als weitgehend unantastbare Leitfigur der Union verloren.

Gegeneinander statt gemeinsam

Oder, zweite denkbare Entwicklung: Merkel knickt ein, obwohl sie gerade die CDU-Abgeordneten in der Unionsfraktion weitgehend auf ihre Linie gebracht. Dann ist sie selbstredend  für den Rest ihrer Amtszeit beschädigt, nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch auf europäischer Ebene.

Das allerdings schlägt auch wieder auf Horst Seehofer und seinen Helfer Markus Söder zurück: Denn dass sich die eigene Regierung selbst in Schwierigkeiten manövriert, dass sie mit Ultimaten gegeneinander statt gemeinsam agiert, das goutieren gerade konservative Wähler üblicherweise nicht. Es ist wahrscheinlich, dass sich das bei der Landtagswahl in Bayern auswirkt - und zwar negativ für die CSU

Einen strahlenden Siegers wird es zum Ende dieses Dramas also mit Sicherheit nicht geben - sondern nur Verlierer.

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