Ehe für alle: Historischer Moment wird eingetrübt

30.6.2017, 10:29 Uhr
Der Bundestag hat am Freitag mit 393 Stimmen die Ehe für alle beschlossen.

© dpa Der Bundestag hat am Freitag mit 393 Stimmen die Ehe für alle beschlossen.

In 13 EU-Ländern gibt es die Ehe für alle bereits. Darunter sogar Irland, das die Eheschließung homosexueller Paare vor gut zwei Jahren einführte – als erstes Land weltweit per Volksentscheid. Wenn das auf dieser erzkatholischen Insel möglich ist, dann ist nicht recht verständlich, warum sich Deutschland so lange so schwer damit tat.

Wobei, es ist ja nicht ganz Deutschland, das sich so geziert hat. Nach Umfragen haben 80 Prozent der Bundesbürger kein Problem damit, dass Schwule oder Lesben heiraten und sich damit auch nach außen sichtbar zu einander bekennen und füreinander Verantwortung übernehmen.

Natürlich gibt es in der Bevölkerung Gruppierungen, die auch hier wieder das Abendland bedroht sehen. Auch in Teilen der Kirchen halten manche die Homo-Ehe weiter für eine Krankheit oder Sünde. Im Bundestag war es letztlich ein großer Teil der Abgeordneten von CDU und CSU, die diese völlig überholte Position nicht räumen wollten.

Von der Zeit überholt

Schon wahr, die Kanzlerin hat in immerwährenden Amtszeit schon so viele konservative Bastionen geräumt, die von der Zeit überholt waren, darunter das Festhalten an der Atomkraft oder der Wehrpflicht. Schon irgendwie verständlich, dass der konservative Flügel ihrer Partei den Eindruck hat, der Union gingen zu viele Teile des Markenkerns verloren. Doch deswegen die Ehe für alle zu blockieren, ist einfach nur rückwärtsgewandt.

Dass daraus am Ende ein parteipolitisches Spielchen werden musste, ist ärgerlich. Doch die Opponenten aus der Union können sich die Krokodilstränen sparen. Sie hatten Jahre Zeit, diese Debatte in aller Ausführlichkeit zu führen. Sie haben sich wieder und wieder davor gedrückt.

Schade auch, dass sich die Kanzlerin nicht durchringen konnte, mit ihrem persönlichen Votum die Ehe für alle gutzuheißen. Dabei hatte es den Anschein, als sei sie persönlich durchaus für die Öffnung bereit. Sie hätte ein Zeichen der Versöhnung aussenden können. Sie entschied sich für parteitaktische Überlegungen. Schade!

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