Flüchtlingen darf der Familiennachzug nicht verwehrt werden

18.1.2018, 14:00 Uhr
Flüchtlingen darf der Familiennachzug nicht verwehrt werden

© Carsten Rehder/dpa

Vielleicht sollten wir uns ab und zu daran erinnern, wieviel Glück wir haben. Die allerwenigsten von uns mussten einen Krieg erleben. Die allerwenigsten mussten ihre Familie zwischen Trümmern oder auf der Flucht zurücklassen, wurden gewaltsam von ihr getrennt. Das bedeutet aber eben auch: Die allerwenigsten wissen, wie sich das anfühlt. Und natürlich fällt es dann leichter zu sagen: Flüchtlinge sollten ihre Familien nicht nachholen dürfen.

Wenn solche emotionale Debatten hochkochen, ist es immer sinnvoll, sich an den Fakten zu orientieren. Flüchtlinge, die Asyl nach Artikel 16a des Grundgesetzes erhalten (also in ihrer Heimat nachweislich politisch verfolgt sind) oder die als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt sind (also begründete Furcht vor Verfolgung haben), haben das Recht, ihre Familie nach Deutschland zu holen.

Dazu gehören allerdings nicht entfernte Onkels und Cousinen, sondern nur die Kernfamilie. Ehepartner, minderjährige Kinder oder eben die Eltern von minderjährigen Kindern. Das wird auch so bleiben. Die Debatte dreht sich derzeit nur um subsidiär Geschützte, also diejenigen mit eingeschränktem Schutzstatus, die nur nicht abgeschoben werden, weil ihnen dann Gefahr für Leben oder Freiheit droht. Ihr Recht auf Familiennachzug wurde für zwei Jahre ausgesetzt, nachdem die Flüchtlingszahlen über die Balkanroute extrem angestiegen waren.

Das Problem ist: Wer etwa vor dem syrischen Bürgerkrieg flüchtet, wird noch sehr lange nicht zurück in seine Heimat können. Aber manchen Syrern wird voller Flüchtlingsschutz zuerkannt, anderen nur subsidärer. Teilweise trotz einer identischen Fluchtgeschichte, wie Menschenrechtsverbände dokumentiert haben. Es ist eben auch politisch gewollt, dass immer mehr Flüchtlinge nur eingeschränkten Schutz erhalten - und damit weniger Rechtsansprüche.

Wir wären nicht überfordert

Dass sie beim Familiennachzug schlechter gestellt werden, ist demnach nicht zu rechtfertigen. Humanitär schon gar nicht - insofern ist die Kritik der Grünen an der CSU gerechtfertigt. Was die Integration angeht, kann man sicherlich darüber streiten, inwiefern die Familie hilft - aber gerade bei Kindern kann man doch stark davon ausgehen. Zumal die UN-Kinderrechtskonvention vorschreibt, die von Familien gestellten Anträge auf Nachzug wohlwollend und schnell zu bearbeiten. 

Zu guter Letzt wäre Deutschland von den Angehörigen, die kommen könnten, nicht überfordert. Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung geht von einer Zahl um die 60.000 aus. Die Zahl der Asylsuchenden nimmt außerdem insgesamt ab.

Der Familiennachzug muss also wieder zugelassen werden. Anstatt sich darüber zu zanken, wären die Parteien gut beraten, endlich vernünftige Pläne für eine bessere Integration und für ein Einwanderungsgesetz zu präsentieren. 

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