Jamaika und die Flüchtlinge: Die Illusion der Steuerbarkeit

27.10.2017, 10:25 Uhr
Die Union - im Bild Angela Merkel, Horst Seehofer, Alexander Dobrindt und Volker Kauder - will eine Obergrenze durchsetzen. Aber würde eine Regierung bei einer Überschreitung auch die Grenzen schließen?

© Kay Nietfeld/dpa Die Union - im Bild Angela Merkel, Horst Seehofer, Alexander Dobrindt und Volker Kauder - will eine Obergrenze durchsetzen. Aber würde eine Regierung bei einer Überschreitung auch die Grenzen schließen?

Es ist ein alter Hut. Die Union kündigte in ihrem Wahlprogramm konsequentere Abschiebungen an. Konsequentere Abschiebungen angekündigt, das hat in den vergangenen Jahren so ziemlich jeder Politiker, der in Regierungsverantwortung stand, ob er nun CDU, CSU oder SPD angehörte. Passiert ist: recht wenig.

Zwar heben öffentlichkeitswirksam regelmäßig Flüge nach Kabul ab, die abgelehnte Asylbewerber - meist Straftäter - nach Afghanistan zurückbringen. Die Zahlen sind aber zu gering, als dass sie sich in der Statistik auswirken. Und die sagt immer noch: In Deutschland leben mehr als 220.000 ausreisepflichtige Ausländer. Zieht man die Zahl der Geduldeten ab, bleiben immer noch 60.000 Menschen, die die Bundesrepublik verlassen müssen, dies aber nicht tun.

Begrenzter Einfluss

Die Probleme bei den Abschiebungen illustrieren, wie schwer es ist, eine konsequente Zuwanderungspolitik nicht nur zu formulieren, sondern auch durchzusetzen. Das hat vor allem damit zu tun, dass Deutschland auf vieles nur einen begrenzten Einfluss hat: wie sich Konflikte in den Herkunftsländern der Migranten entwickeln, wie gut die europäischen Außengrenzen geschützt sind und wie groß die Bereitschaft der Heimatländer der Zugewanderten ist, ihre Bürger zurücknehmen... 

In diesem Licht sind auch die Pläne der potenziellen Jamaika-Partner zu sehen - die vier Parteien hängen allesamt der Illusion nach, die Migrationsströme ließen sich so einfach steuern. Obergrenze, Einwanderungsgesetz, sichere Herkunftsländer - das klingt nach Ordnung und Struktur. Aber schließt eine Regierung wirklich die Grenzen, wenn sich wie 2015 viel mehr Menschen auf den Weg nach Deutschland machen, als dies vielleicht zukünftig ein Gesetz vorsieht?

Ein Koalitionsvertrag muss diese Frage beantworten, denn reine Absichtserklärungen finden sich in den Wahlprogrammen schon genug. Die Bürger aber haben einen Anspruch auf ehrliche Antworten, selbst wenn diese Antworten in der Zuwanderungspolitik manchmal unbefriedigend ausfallen.

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