Kommentar: NRW-Wahl ist ein politisches Erdbeben

14.5.2017, 19:55 Uhr
Kommentar: NRW-Wahl ist ein politisches Erdbeben

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Es ist eine vernichtende Niederlage: Die SPD hat in ihrem Stammland Nordrhein-Westfalen eine krachende Klatsche erhalten. Zu erleben ist im größten Bundesland der Wiederaufstieg von Schwarz-Gelb: CDU und FDP sind die klaren, starken Wahlsieger.


NRW-Wahl im Live-Blog: CDU vorne, Rot-Grün mit hohen Verlusten


Die Gründe für den Regierungswechsel in NRW sind vor allem in der schlechten Bilanz von Rot-Grün im Land zu suchen. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, einst Hoffnungsträgerin ihrer SPD, wirkte kraftlos und uninspiriert - und spielt nun keine Rolle mehr in ihrer Partei. Die höchstens mittelmäßige Leistung der abgewählten Landesregierung bot dem wacker kämpfenden, eher unauffälligen Armin Laschet genügend Angriffspunkte. Er wird nun ebenso sensationell Ministerpräsident wie eine Woche vorher Daniel Günther in Schleswig-Holstein. 

0:3 aus Sicht der SPD

Laschet war und ist ebenfalls oft in TV-Diskussionsrunden zu erleben. Er trat dort gerade 2015/16, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise, als entschiedenster Verteidiger von Angela Merkels Kurs auf. Nun wird er Regierungschef im wichtigsten Bundesland - eine massive Rückendeckung für die CDU-Chefin und Bundeskanzlerin. Sie kann nun mehr als gelassen in einen Bundestags-Wahlkampf gehen, den sie, wie bei ihr üblich, sehr wahrscheinlich möglichst spät, wenn überhaupt mit politischen Inhalten füllen wird. Denn das hat ja bei den drei Landtagswahlen 2017 wunderbar geklappt für ihre Union - und ganz anders, als sich die SPD dies vorgestellt hatte: Erst an der Saar, dann in Kiel und zuletzt in NRW gewinnen - so war der Plan der Sozialdemokraten im Höhenrausch der Schulz-Manie. Nun steht es aber 0:3 für die SPD und 3:0 für Angela Merkel.  

Ob und wie die SPD diesen Rückstand verkürzen oder gar drehen kann? Nicht auszuschließen, dass die ins Streiten verliebte Partei den Hoffnungträger Schulz nun demontiert. Gründe dafür hat er selbst geliefert - durch politisches Abtauchen nach seinem wohl zu furiosen Start. Schulz muss nun bald liefern: Inhalte und Rezepte für jene Mitte, in der Wahlen nach wie vor entschieden werden - eine Mitte, die seine SPD auch durch allzu heftige rot-rot-grüne Machtspekulationen ganz offensichtlich erheblich verschreckte. Auch so ist der angesichts ihres vorübergehenden Verschwindens von der großen politischen Bühne sensationelle Wiederaufstieg der FDP zu erklären.

Drei Landtagswahlen zeigen einen gemeinsamen Trend

Die AfD bejubelt zwar ihren Einzug ins 13. Landesparlament. Aber ihr Höhenflug ist gebremst - auch das hat mit dem momentanen Abflauen des Flüchtlings-Themas zu tun. Hält der Abwärtstrend an, dann muss die Partei um den Einzug in den Bundestag bangen.

Alle drei Landtagswahlen zeigen einen gemeinsamen Trend: Es kommt auf die Köpfe an und auf Leistungen; die wieder eifrigeren Wähler können beides gut einschätzen. Sie honorieren mutige Landespolitiker wie den Grünen Robert Habeck und den Liberalen Wolfgang Kubicki in Kiel (und nun Lindner). Und sie strafen Minderleister wie die Grünen und die SPD in NRW ab.

Der politische Wechsel dürfte diesem Bundesland gut tun. Was heißt das für den Bund, für die Wahl am 24. September? Gelaufen ist sie noch nicht. Aber die SPD hat ihre fast schon irrwitzige Aufholjagd  in den Umfragen in kein einziges echtes Wahlergebnis ummünzen können. 
Und die Union? Sie wird sich nun, samt der einst widerspenstigen CSU, so um die vor kurzem noch höchst umstrittene, ja zum Auslaufmodell erklärte Kanzlerin scharen, wie sie dies stets tut, wenn es um das geht, was ihr wichtiger ist als Inhalte: um den greifbar nahen Erhalt der Macht.

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