Kommentar: Washington auf Straßenköter-Niveau

28.7.2017, 11:32 Uhr
Donald Trumps neuer Kommunikationschef sorgt für Irritationen.

© Jonathan Ernst (Reuters) Donald Trumps neuer Kommunikationschef sorgt für Irritationen.

Armes Amerika: Nun sind wir also an einem Punkt angelangt, an dem man Äußerungen von vermeintlichen Politik-Profis guten Gewissen nicht mehr offen zitieren kann. US-Präsident Donald Trumps neuer "Kommunikations-Chef" Anthony Scaramucci hat ehemalige Wasserträger des Republikaners derart unflätig beschimpft, wie man das vielleicht gerade noch einem US-Rapper durchgehen lassen kann, wegen der künstlerischen Freiheit - ganz sicher aber nicht einer Mann, der Washingtons Politik verkaufen soll.

Was bedeutet es, wenn ein gerade mal installierter Kommunikator einen Journalisten bedroht, weil der seine Quelle im Weißen Haus nicht preisgeben will, und danach den einst (oder immer noch?) wichtigsten Trump-Berater Steve Bannon beschimpft? Und dann auch noch Stabschef Lance Priebus einen "verdammten paranoiden Schizophrenen" nennt. Verliert sich da die US-Administration in Grabenkämpfen?

Kein Zweifel: Wer gedacht hatte, nach Sean Spicer, dem hoffnunglos überforderten und aggressiv auftretenden Ex-Sprecher Trumps, könne es nicht mehr schlimmer kommen, sieht sich getäuscht: In Washington gilt offenbar die Devise "schlimmer geht immer". Was Wunder: Donald Trump selbst macht das ja nahezu mit jedem neuen Tweet immer wieder deutlich.

Hoffnung auf Besserung gibt es nicht

Die Sache ist ohnehin überaus merkwürdig: Scaramucci ist eigentlich nicht als Obereinpeitscher engagiert - er soll im Hintergrund die Fäden ziehen, um das bisherige Kommunikations-Chaos der Trump-Administration in ruhigeres Fahrwasser zu lenken. Das Gesicht für die Presse soll Sarah Sanders sein, Spicers ehemalige Stellvertreterin, die die Klaviatur der Kommunikation von "freundlich lächelnde Mama" bis hin zu "bissige Bulldogge" beherrscht.

Aber es passt perfekt ins Bild, dass Scaramucci, der augenscheinlich lange auf seine Auftritte vor der Kamera gewartet hat, sich mächtig daneben benimmt. Die politische Kultur in Amerika ist seit dem vergangenen Präsidentschaftswahlkampf auf einem Niveau angelangt, das man selbst mit viel gutem Willen nur noch in die Kategorie "Straßenköter" einordnen kann - ohne jenen bisweilen bemitleidenswerten Kreaturen zu nahe treten zu wollen. Aber auch bei ihnen schnappen die aus der zweiten Reihe sofort zu, wenn sie eine Schwäche bei anderen wittern. Und manchmal sogar völlig grundlos.

Hoffnung auf Besserung gibt es nicht, denn der Fisch stinkt immer vom Kopfe her. Das heißt, solange Trump selbst nicht lernt, sich wie ein zivilisiertes Wesen zu benehmen, das sein Gegenüber respektiert, wird sein Stab dies auch nicht tun. Wie titelte unlängst eine deutsche Zeitung neben einem Bild des US-Präsidenten?: "Noch 42 Monate". Sechs Monate Donald Trump liegen hinter uns. 42 weitere noch vor uns. Amerika muss sich gedulden, bis es vom Rest der Welt wieder ernst genommen werden wird.

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