Kostenstreit bei Polizeieinsätzen: Wo zieht man Grenzen?

21.2.2018, 17:12 Uhr
Polizisten mit Pferden, Helmen und Waffen - die Zahl der eingeleiteten Strafverfahren rund um Fußballspiele bewegt sich aber im Promillebereich.

© Carmen Jaspersen/dpa Polizisten mit Pferden, Helmen und Waffen - die Zahl der eingeleiteten Strafverfahren rund um Fußballspiele bewegt sich aber im Promillebereich.

Als die Zentrale Informationsstelle für Sporteinsätze 2016 Zahlen vorlegte, klangen die furchteinflößend: 13.467 freiheitsentziehende oder -beschränkende Maßnahmen und 7773 eingeleitete Strafverfahren begleiteten das Fußballjahr, dazu 1265 verletzte Personen. Umgerechnet hieß das aber auch: Pro Spieltag gab es 1,6 Verletzte, die Zahl der eingeleiteten Strafverfahren bewegte sich im Promillebereich (0,04 Prozent). Das soll nichts verharmlosen, jeder einzelne Gewaltakt ist einer zu viel – aber den Fußball als Tummelplatz für Kriminelle darzustellen, wäre ebenso absurd wie die Idee, den Klubs eine Mitverantwortung für Ausschreitungen anzulasten.

Das Gegenteil ist richtig, die Vereine sind längst Freunde und Helfer der Polizei, auch der friedliche Teil des organisierten Anhangs klagt nicht immer zu Unrecht über Repressalien. Auf der anderen Seite leisten die Profiklubs über Fanprojekte wichtige Präventionsarbeit; das Bemühen, der gesellschaftlichen Relevanz des Spiels gerecht zu werden, ist ihnen nicht abzusprechen. Der große Volkssport Fußball ist nicht primär eine Bühne für Chaoten, sondern vor allem ein Spielfeld, auf dem sich Menschen, Länder und Kulturen näherkommen können.

Ein gesellschaftliches Problem

Dass eine Minderheit von Schwachköpfen das ganze Spiel diskreditiert, steht auf einem anderen Blatt. Ist der Veranstalter von Fußballspielen tatsächlich auch Initiator von Gewalt, Vandalismus, Zerstörungswut? Wie weit sollte das reichen? Zahlen Organisatoren von Demonstrationen, Konzertveranstalter oder Bürgerinitiativen künftig auch für Polizeieinsätze wegen Begleiterscheinungen, die vor allem eine in der Tat erschreckende Verwahrlosung einzelner Milieus belegen? Ist das nicht viel eher ein gewaltiges gesellschaftliches Problem? Darf es der Staat privatwirtschaftlichen Unternehmen wie den Profiklubs der Bundesliga aufbürden?

Natürlich: Der Fußball ist ein Milliardengeschäft, aber auch ein starker Steuerzahler, rund 1,2 Milliarden Euro überweisen die 36 Profivereine jährlich an den Staat – ein Vielfaches dessen, was die Polizeieinsätze kosten. Natürlich wäre es unlauter, das gegeneinander aufzurechnen, kein Steuerzahler erkauft sich Befreiungen von bürgerlichen oder gesellschaftlichen Pflichten.

Kein Platz für Populismus

Aber es wäre auch zu billig, den Fußball anders zu behandeln als den Dorfbürgermeister, wenn es auf der Kirchweih zu Tumulten kommt. Die Idee, dass es nicht die Falschen trifft, wäre juristisch kein Argument – ab da würde die Debatte rein populistisch.

Kosten für Polizeieinsätze auf Organisationen abzuwälzen, die im weitesten Sinne als Auslöser ausgemacht werden, würde in ein unendlich weites Feld führen. Wo zieht man Grenzen, wie? Wie viel Sicherheit darf der Bürger wo erwarten? Ist das dann von Fall zu Fall verhandelbar? Die Sicherheit im öffentlichen Raum ist eine Angelegenheit des Staates, und das ist gut so. 

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