Meldeportale: Barley wirft AfD organisierte Denunziation vor

11.10.2018, 10:17 Uhr
Die AfD will Schüler dazu aufrufen, Lehrer zu melden, die sich kritisch über die Partei äußern. (Symbolbild)

© dpa Die AfD will Schüler dazu aufrufen, Lehrer zu melden, die sich kritisch über die Partei äußern. (Symbolbild)

"Wer so etwas als Partei einsetzt, um missliebige Lehrer zu enttarnen und an den Pranger zu stellen, gibt viel über sein eigenes Demokratieverständnis preis," sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstag). Die AfD-Bürgerschaftsfraktion in Hamburg hat im September ein Online-Portal mit dem Titel "Neutrale Schule" geschaltet, in dem Schüler Lehrer melden können, die sich politisch äußern. In Brandenburg, Berlin, Sachsen und Baden-Württemberg sollen ähnliche Plattformen eingerichtet werden. Auch die AfD-Fraktionen in Bayern, Bremen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ziehen Berichten zufolge solche Meldeportale in Erwägung.

Die Kultusministerkonferenz (KMK), der Deutsche Lehrerverband und der Deutsche Beamtenbund kritisierten das Konzept ebenfalls scharf. Der KMK-Vorsitzende Helmut Holter (Linke) sprach von einem "No-Go". "Was die AfD hier fordert, dass Kinder zu Denunzianten werden und Lehrer anschwärzen, geht gar nicht", sagte der thüringische Bildungsminister im SWR. Ihn erinnere dieses Vorgehen an die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte von 1933 bis 1945.

Ein Verbot der Internet-Meldeportale sei rechtlich allerdings schwierig, ergänzte der Vorsitzende der KMK. Die Bundesländer würden juristische Schritte prüfen. Betroffenen Lehrern empfahl Holter, sich an das zuständige Ministerium zu wenden, um klären zu lassen, ob Persönlichkeitsrechte verletzt worden seien. "Dann muss man dagegen anwaltlich vorgehen."

"Mittelalterliches Instrument"

Die Kultusministerkonferenz werde sich auf ihrem Treffen am Donnerstag in Berlin mit dem Thema "Lehrer-Pranger" beschäftigen, kündigte Holter an. Lehrer sollten darin bestärkt werden, Schülern demokratische Werte zu vermitteln, heißt es in einer Beschlussvorlage für die Tagung, die den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag) vorlag. Themen wie Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Sexismus und Homophobie sollen demnach stärker als bisher im Unterricht erörtert werden. Schüler, die sich gesellschaftlich engagieren, sollen dafür im Zeugnis gewürdigt werden, wie es hieß.

Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Ulrich Silberbach, rief die KMK auf, mit Blick auf die AfD-Pläne eine klare Botschaft senden, "dass die Kultusminister einen solchen Pranger ablehnen und dass Schüler nicht zum Anschwärzen ihrer Lehrer aufgerufen werden sollten". "Die Pranger-Methode der AfD halte ich für ein mittelalterliches Instrument", sagte Silberbach der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Donnerstag).

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, sagte, die AfD verbinde mit ihrem Vorstoß zwei Ziele: "Einschüchterung und das Drängen in die Opferrolle." Lehrer hätten eine Neutralitätspflicht, aber auch die Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler zu mündigen Bürgern zu erziehen, sagte er den Funke-Zeitungen: "Das heißt, eine Lehrkraft darf und soll eine politische Meinung einbringen, muss diese aber kennzeichnen."

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