Netzneutralität: Der Beginn des Zwei-Klassen-Internets

15.12.2017, 13:54 Uhr
Wie immer wenn es um das Internet geht ist der Protest kreativ - aber wirkt er auch?

© Carolyn Kaster/AP/dpa Wie immer wenn es um das Internet geht ist der Protest kreativ - aber wirkt er auch?

Über Nacht zum Youtube-Star, als kleines Start-up wie einst der Cloud-Dienst Dropbox, der Musikdienst Spotify oder die Taxi-Plattform Uber zum milliardenschweren Unternehmen: Erfolgsgeschichten wie diese dürften künftig weniger werden, wenn die US-Telekommunikationsaufsicht FCC mit ihren aufgeweichten Regelungen zur Netzneutralität durchkommt.

Es geht dabei um nicht weniger als das Herz des freien Internets, die bislang festgeschriebene Gleichheit aller Daten und das Recht auf einen gleichberechtigten Zugang aller zum schnellen Internet. Man muss nicht alle Auswüchse des WWW lieben; seine basisdemokratischen Grundsätze, die jahrzehntelang für gleiche Chancen, Innovation, Freiheit und Offenheit standen, schon. Die Zulassung kostenpflichtiger Überholspuren für diejenigen, die es sich leisten können, steht dem diametral entgegen.

"Online-Türsteher“, die in die eigene Tasche wirtschaften

Stutzig sollte stimmen, dass selbst finanzstarke Unternehmen wie Google, Facebook, Amazon und Netflix nicht über die Neuerung jubeln, die immerhin ihre Marktmacht ausbauen könnte, sondern vielmehr kritisieren, von Netzbetreibern künftig stärker zur Kasse gebeten zu werden. So applaudieren allein Telekom-Anbieter wie AT&T, Comcast und Verizon über die Erlaubnis, bestimmten Datenverkehr zu blockieren oder zu verlangsamen, um anderen und eigenen Inhalten Vorrang im Netz zu geben. Der Bürgerverband ACLU hat dies treffsicher analysiert: Die Provider dürften mit "zunehmender Aggressivität“ vorgehen, um "mehr Geld zu verdienen aus ihrer Position als Online-Türsteher“.

Noch deutlicher wurde Mignon Clyburn, die als Mitglied des FCC-Vorstands gegen den Beschluss gestimmt hatte: Die Regulierungsbehörde händige mit ihrer Entscheidung die „Schlüssel zum Internet“ einer „Handvoll von Multi-Milliarden-Dollar-Unternehmen“ aus, urteilte die Demokratin. Einziges Trostpflaster: Die Netzbetreiber müssen offenlegen, ob sie bestimmten Anbietern höhere Geschwindigkeiten einräumen. So können interessierte Einzelne zumindest die Einflussnahme verfolgen.

Und Deutschland und Europa haben seit 2016 strenge Regelungen, die die Netzneutralität weitgehend schützen. Doch auch hier gibt es Bestrebungen, die Internetnutzer zu lenken und bestimmte Daten zu bevorzugen, wie etwa das Beispiel der mobilen Daten-Flatrate "StreamOn" der Telekom zeigt, die ein unbegrenztes Musik- und Videostreaming von Partnerangeboten erlaubt.

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