Neue Netz-Ära: EU stellt Weichen für Urheberschutz

13.9.2018, 13:03 Uhr
Es sind veraltete Regeln, die in der Netzwelt herrschen. Das könnte sich ändern.

© Sebastian Gollnow/dpa Es sind veraltete Regeln, die in der Netzwelt herrschen. Das könnte sich ändern.

Wissen Sie, wonach Sie 2001 gegoogelt haben? Mit hoher Wahrscheinlichkeit nach gar nichts. Zwar gab es die Suchmaschine damals schon, doch vom Status eines Internetgiganten war Google meilenweit entfernt. Seitdem hat das weltweite Netz unser Leben in atemberaubendem Tempo revolutioniert, ein Ende der Digitalisierung ist nicht absehbar. Umso erstaunlicher, dass ein Gutteil der Regeln für das Internet nach wie vor aus der digitalen Steinzeit stammt. Seit 2001 ist beispielsweise das Urheberrecht nicht mehr angepasst worden. Ein Unding.

Denn heutzutage googelt (fast) jeder Tag für Tag und kaum einer fragt sich, woher die geistige Arbeit, die hinter den Texten steckt, stammt - geschweige denn, ob der Autor angemessen entlohnt wird. Diese Gedankenlosigkeit will das Europäische Parlament nun beenden, indem es die Weichen für eine zeitgemäße Neuregelung gestellt hat.

Die Anbieter von Qualitätsjournalismus, ganz generell die Verfechter von niveauvollen Inhalten und somit weite Teile der Kreativwirtschaft, können hoffen, dass mit dem neuen Leistungsschutzrecht endlich eine Honorierung von Inhalten ermöglicht wird. Folgt dem klaren Votum der Abgeordneten am Ende des nun beginnenden Abstimmungsprozesses eine ähnlich lautende gesetzliche Regelung aus Brüssel, könnte sogar eine neue Ära der Internetnutzung eingeläutet werden.

Milliardengewinne eingefahren

Denn bislang waren es die großen Plattformen, allen voran Facebook und Google, die sich schamlos bei Inhalteanbietern bedient haben. Mit journalistischen Gratisinhalten, etwa aus den Verlagshäusern, haben sie im Laufe der Jahre ein hochinteressantes Umfeld für Anzeigenkunden geschaffen. Während die Konzerne Milliardengewinne anhäuften und im Ranking der weltweit erfolgreichsten Unternehmen die Spitzenplätze längst unter sich ausmachen, waren die kreativen Köpfe, also die Urheber der gerne und häufig geklickten Inhalte, zum Zuschauen verdonnert. Ohne die Straßburger Entscheidung, man muss es so deutlich formulieren, wäre über kurz oder lang eine existenzbedrohliche Situation entstanden.

Schon heute steht vielen regionalen Verlagshäusern das Wasser bis zum Hals - die Auflagen und Anzeigenerlöse der Printausgaben sinken kontinuierlich, die Gewinne im Netz halten sich dank der von Google & Co. beförderten Gratiskultur in engen Grenzen. Doch nicht nur Journalisten dürfen sich freuen: Auch Musiker, Orchester, Buchautoren oder Filmemacher sehnen ein neues Recht herbei. Ganz allgemein formuliert: Von einem Leistungsschutzrecht profitieren alle Inhaber urheberrechtlich geschützten Eigentums in Europa.

Ende der Rechtlosigkeit

Und mit den neuen Spielregeln endet eine lange Phase der Rechtlosigkeit. Dass ausgerechnet Verbraucherschutzverbände die Entscheidung kritisieren, verwundert. Denn der beste Verbraucherschutz ist einer, der eine hohe Qualität garantiert. Diese kann es nicht auf Dauer zum Nulltarif geben. Ebenso absurd ist der Zensurvorwurf. Denn für die User ändert sich aller Voraussicht nach wenig bis nichts. Stattdessen werden Facebook & Co. einen Teil der Gewinne abführen - an die Urheber.

Zensiert wird von Europa aus lediglich das maßlose und krakenhafte Ausbreiten von Plattformen, denen es nicht um Haltung oder gar die Wahrung von Anstandsregeln geht, sondern nur um ihren Profit. Das freie und offene Internet ist gewiss nicht bedroht durch die Straßburger Entscheidung, vielmehr endet eine (viel zu) lange Phase der weitgehenden Rechtlosigkeit. Wenn Sie in einen Laden gehen, zahlen Sie selbstverständlich für die angebotenen Produkte. Warum sollte das im Internet anders funktionieren?

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