Neuer Bundestag: Eine Opposition, endlich!

24.10.2017, 11:09 Uhr
Neuer Bundestag: Eine Opposition, endlich!

© Kay Nietfeld/dpa

Die einen geben Angela Merkel die Schuld. Und es stimmt ja, die Bundeskanzlerin hütet sich vor jeder öffentlichen Debatte, was erst im Wahlkampf für Ärger gesorgt hat. Die anderen sehen die Verantwortung bei Grünen und Linken, die viel zu oft - etwa bei der Flüchtlingspolitik - einig mit der Regierung gewesen seien.

Falsch ist beides nicht, doch der Hauptgrund für die lange Sprachlosigkeit im Bundestag, der doch eigentlich eine Arena für politischen Schlagabtausch sein sollte, und für die fehlende Kontrolle der Regierungsarbeit lag woanders: in den Mehrheitsverhältnissen. Die Regierung der Großen Koalition konnte sich in den vergangenen vier Jahren auf fast 80 Prozent der Sitze stützen. Grüne und Linke kamen auf gerade einmal 20 Prozent.

Wichtige Minderheitenrechte

Für den Parlamentsalltag hatte das nicht zu unterschätzende Konsequenzen: Eines der schärfsten Schwerter der Opposition - die Normenkontrolle - stand Linken und Grünen überhaupt nicht zur Verfügung. Denn um solch eine Klage gegen ein Gesetz einzubringen, um dessen Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen, sind 25 Prozent der Abgeordnetenstimmen notwendig. Stimmen, die die Opposition unmöglich zusammenbringen konnte. Selbst Änderungen des Grundgesetzes mussten Linke und Grüne über sich ergehen lassen - um sie zu verhindern, hätten sie ein Drittel der Stimmen benötigt.

"Demokratie ist, wenn zwei Wölfe und ein Schaf über die nächste Mahlzeit abstimmen" - dieser Benjamin Franklin zugeschriebene Satz zeigt, wie wichtig es ist, dass solche Minderheitenrechte existieren. Ebenso wichtig ist aber, dass eine Opposition sie auch wahrnehmen kann. Das war seit 2013 nur eingeschränkt der Fall.

Mit der heutigen konstituierenden Sitzung des Bundestags aber enden - endlich! - die Zeiten der marginalisierten Opposition. Wird eine Jamaika-Koalition Realität, dann verfügt diese nur über eine Mehrheit von rund 55 Prozent der Sitze. Und SPD, Linke und AfD werden sich mit ihren 45 Prozent nicht so einfach herumschubsen lassen.

Wie auch immer man zu einer Jamaika-Regierung steht - für die Demokratie ist das eine gute Nachricht.

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