Proteste im Iran: Beifall nur unter vorgehaltener Hand

3.1.2018, 19:22 Uhr
Proteste im Iran: Beifall nur unter vorgehaltener Hand

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Arabische Staaten haben Angst vor Unruhen im eigenen Land: Der Schock des Arabischen Frühlings sitzt vielen Politikern und Herrschern noch in den Gliedern. Einige Regierungen sorgen sich zudem, dass die Proteste im Iran vom Westen gesteuert sein könnten.

Der wachsende Einfluss des schiitischen Iran im Irak, in Syrien und im Jemen ist aus Sicht von Saudi-Arabien und anderen sunnitischen Staaten das größte Problem der Region überhaupt. Im Jemen liefern sich Saudis und Iraner einen unerbittlichen Stellvertreterkrieg. Dennoch bricht bei den muslimischen Iran-Gegnern im Nahen Osten angesichts der Protestwelle und der damit verbundenen politischen Schwächung Teherans kein lautstarker Jubel aus. Einige Akteure stellen sich sogar auf die Seite der Teheraner Führung.

Besonders auffällig ist das beim NATO-Staat Türkei. Anders als die Golf-Araber und die Ägypter sucht die Türkei die Nähe zum Iran, der zu den wichtigsten Energielieferanten Ankaras zählt. Präsident Recep Tayyip Erdogan telefonierte am Mittwoch mit seinem bedrängten iranischen Kollegen Hasan Ruhani und sagte, er hoffe auf "Frieden und Stabilität" im Iran. Das Recht auf Demonstrationsfreiheit dürfe nicht für Straftaten ausgenutzt werden, betonte Erdogan – der damit ganz auf Ruhanis Linie lag.

Trump mischt mit

Schon nach dem Putschversuch von 2016 hatten türkische Regierungspolitiker den USA eine Mitverantwortung zugewiesen. Derselbe Verdacht taucht jetzt wieder auf. Nur zwei internationale Spitzenpolitiker unterstützten die Proteste im Iran, sagte Erdogans Außenminister Mevlüt Cavusoglu: Das seien US-Präsident Donald Trump und der israelische Ministerpräsident Benjaminm Netanjahu. Cavusoglu vermutet, dass sich Amerikaner und Israelis nicht auf positive Kommentare beschränken: "Wir sind gegen eine Einmischung von außen", sagte er. Saadet Oruc, eine Beraterin Erdogans, hatte bereits vor einigen Tagen gesagt, die Demonstrationen im Iran seien ein Zeichen für Destabilisierungsversuche des Westens in der Region.

In der regierungsnahen türkischen Presse werden die USA ganz offen für die Proteste im Iran verantwortlich gemacht. Die Boulevard-Zeitung Takvim meldete, Washington habe den Geheimdienst CIA mit dem Regierungsumsturz in Teheran beauftragt. Das Blatt Milat verglich die Proteste im Iran mit den Gezi-Unruhen in der Türkei im Jahr 2013 – auch damals hatten türkische Regierungspolitiker eine Einmischung des Westens beklagt.

Vorsichtige Reaktionen

Wie die Türkei kooperiert auch das kleine Katar mit dem Iran und reagiert entsprechend vorsichtig auf die Krise. Dem katarischen Nachrichtensender Al-Jazeera wird auf Twitter eine Parteinahme für die iranische Führung vorgeworfen.

Doch selbst in den Regierungsstellen der Gegenspieler Irans herrscht Zurückhaltung. Zwar wird in Kommentaren etwa der saudischen Presse viel Schadenfreude über die schiitischen Iraner laut. Die Proteste seien die Folge der teuren "expansionistischen Ziele" Teherans im Ausland, kommentierte die Zeitung Okaz. Auch in Medien bei den saudischen Verbündeten in den Vereinigten Arabischen Emiraten war von einem Aufschrei iranischer Normalbürger die Rede.

Mit Protesten der Normalbürger ist es jedoch so eine Sache. Was derzeit im Iran beklatscht wird, jagte den Monarchien am Golf während des Arabischen Frühlings vor sieben Jahren einen gehörigen Schrecken ein. Die Folgen der damaligen Protestbewegungen wurden in Ägypten mit einem Putsch und in Bahrain mit einer saudischen Militärintervention bekämpft. Jetzt fällt es den Regierenden schwer, die iranischen Demonstranten öffentlich anzufeuern. Deshalb schweigen etliche Regierungen lieber ganz: Bis zum Mittwoch lag keine offizielle Stellungnahme der sonst so Iran-kritischen Führung von Saudi-Arabien zu den Protesten vor.

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