Regierung nutzt Schwarze Null nicht für Zukunftsprojekte

21.11.2018, 11:55 Uhr
Regierung nutzt Schwarze Null nicht für Zukunftsprojekte

© Kay Nietfeld/dpa

Es ist, wie so oft, alles eine Frage der Perspektive: Wer sich den Schuldenstand des Staates in absoluten Zahlen ansieht - fast zwei Billionen Euro (Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherung) -, der bringt wenig Verständnis auf, wenn Medien nach neuen Steuerschätzungen titeln: "Der Staat schwimmt im Geld". Denn auch fünf Jahre der Schwarzen Null haben vergleichsweise wenig an dem enormen Defizit geändert. Denn eine Schwarze Null heißt ja nur, dass keine neuen Kredite aufgenommen, nicht aber dass alte im großen Stil zurückgezahlt wurden.

Ein Blick auf die relativen Zahlen offenbart dagegen ein anderes Bild. So ist die Schuldenquote - das Defizit im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt - von 80 Prozent im Jahr 2010 auf zuletzt 64 Prozent gesunken. Ein starker Rückgang. Wer nun argumentiert, zwei Billionen sind aber trotzdem noch zwei Billionen, der sollte sich folgendes Beispiel vor Augen führen: Ein Privatmann wird 100.000 Euro Schulden gut tragen können, wenn er 4000 Euro im Monat verdient. Verdient er nur 1000, könnte dieselbe Schuldenhöhe ihn dagegen überfordern.

Beide Perspektiven haben ihre Berechtigung, wenn es um den Bundeshaushalt geht, über den heute der Bundestag debattiert. Beide Perspektiven sehen die Schwarze Null als eine Verbesserung zu den defizitären Haushalten der Vergangenheit an. Umso problematischer ist, wie die Große Koalition mit dieser Schwarzen Null umgeht.

Denn Union und SPD sind offensichtlich im Ausgaberausch: Wer sich die Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben ansieht, der muss zu dem Schluss kommen, dass die Bundesregierung das Geld, das sie zusätzlich einnimmt, gleich mit vollen Händen ausgibt (mit der einen Einschränkung, dass am Ende zumindest keine neuen Schulden auflaufen sollen).

Geldverteilen nach dem Gießkannenprinzip

Nun könnten diese Mehrausgaben Investitionen in die Zukunft - und damit sinnvoll - sein. Doch der Bundeshaushalt 2019 ist wie die vorherigen kein Haushalt der Zukunft. Die Opposition kritisiert mit einigem Recht ein Geldverteilen nach dem Gießkannenprinzip, Rentengeschenke, fehlende Investitionen in Infrastruktur und Schulen sowie eine Mutlosigkeit, endlich eine Steuerreform mit Entlastungen für die Bürger anzupacken.

Kurz: Den Spielraum, den die Bundesregierung seit einigen Jahren hat, nutzt sie nicht. Dabei kann es mit der Schwarzen Null schnell wieder vorbei sein. Darauf deutete im Oktober bereits die Steuerschätzung hin.

Ihre Existenz verdankt die Schwarze Null nur zu einem Teil politischen Weichenstellungen, sondern vor allem Niedrigzinsphase, guten Konjunktur und boomendem Arbeitsmarkt. All das wird nicht ewig so weitergehen.

Verwandte Themen


5 Kommentare