Trump: "Die Deutschen sind böse, sehr böse"

26.5.2017, 06:58 Uhr
US-Präsident Donald Trump (von links), Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Bundeskanzlerin Angela Merkel im neuen Nato-Hauptquartier: In Brüssel spitzten sich am Donnerstag gleich mehrere diplomatische Konflikte zu.

© Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa US-Präsident Donald Trump (von links), Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Bundeskanzlerin Angela Merkel im neuen Nato-Hauptquartier: In Brüssel spitzten sich am Donnerstag gleich mehrere diplomatische Konflikte zu.

US-Präsident Donald Trump hat bei seinem ersten Europabesuch die Gräben zu seinen Verbündeten neu aufgerissen. Trump beharrte in scharfem Ton auf viel höheren Rüstungsausgaben der Nato-Staaten, holte sich aber unter anderem bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Abfuhr. Auch im Verhältnis zur Europäischen Union wurden Risse offen sichtbar, und sogar mit dem engsten Verbündeten Großbritannien gab es handfesten Krach. Die Konflikte dürften auch den G7-Gipfel in Sizilien prägen, der am Freitag beginnt.

Zum offenen Schlagabtausch kam es beim Nato-Spitzentreffen am Donnerstag in Brüssel - an einem Tag, an dem sich unterschiedliche diplomatische Konflikte gleichzeitig zuspitzten. So drohte Merkel bei ihrer Ankunft der Türkei mit dem Abzug der deutschen Soldaten vom Stützpunkt Incirlik, weil Bundestagsabgeordneten der Besuch dort verwehrt wurde. Merkel traf am Rande des Nato-Termins den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, doch wurden keine Ergebnisse bekannt.

Gleichzeitig ging die britische Premierministerin Theresa May die USA hart an, weil dort Ermittlungsergebnisse zum Attentat von Manchester offenbar an Medien durchgestochen wurden. Trump sah sich genötigt, die Lecks öffentlich zu verurteilen und Ermittlungen anzukündigen.

Erster Besuch in Brüssel

Der US-Präsident kam zum ersten Mal nach Brüssel - wenige Stunden, nachdem Merkel mit Vorgänger Barack Obama in Berlin beim Evangelischen Kirchentag aufgetreten war und Harmonie demonstriert hatte. Seit dem Amtswechsel im Januar ist das transatlantische Verhältnis gespannt, weil Trump die Nato und auch die EU zeitweise infrage stellte, im Handel mit Schutzzöllen drohte und auch das Pariser Klimaabkommen in Zweifel zog.

Laut Medienberichten soll Trump sich bei seinem Treffen mit den EU-Spitzen heftige Kritik am deutschen Handelsbilanz-Überschuss geübt haben. "Die Deutschen sind böse, sehr böse", habe Trump bei seinen Gesprächen mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk am Donnerstag gesagt, berichtete "Spiegel Online" unter Berufung auf Teilnehmerkreise.

Trump habe weiter gesagt: "Schauen Sie sich die Millionen von Autos an, die sie in den USA verkaufen. Fürchterlich. Wir werden das stoppen." Juncker habe sich den Angaben zufolge hinter Deutschland gestellt. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete indes vorab, Trump habe bei dem Gespräch mit den Spitzen der EU den deutschen Handelsüberschuss als "schlecht, sehr schlecht" bezeichnet.

Zudem habe er klar gemacht, dass die Verringerung des US-Handelsdefizits für ihn absolute Priorität genieße. Tusk sagte nach dem Treffen, dass einige Fragen bei den Beratungen mit Trump offen geblieben seien, darunter das Thema Handel. Der US-Milliardär hat den Exportüberschuss Deutschlands mehrmals kritisiert und bereits in einem "Playboy"-Interview von 1990 Steuern bei der Einfuhr deutscher Autos angeregt.

Zuletzt hatte sich Trump versöhnlicher gezeigt. Am Rande seiner Brüssel Gespräche war auch die Rede von offener und freundlicher Atmosphäre. Doch in der Sache blieben die Fronten offenbar hart.

So bekräftigte Trump bei der Nato seine Forderung, dass alle Mitglieder mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Rüstung aufwenden müssten. Eigentlich reiche das noch nicht einmal, das sei das absolute Minimum, sagte er. "Die Nato-Mitglieder müssen endlich ihren gerechten Anteil beitragen und ihre finanziellen Verpflichtungen erfüllen", sagte Trump. Er erneuerte die Kritik, dass Zuwanderer unkontrolliert in Massen kämen. Und er verlangte einen entschlosseneren Kampf gegen den Terrorismus.

Bundeskanzlerin Merkel hielt dagegen. Die geplante Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben sei ausreichend, sagte sie - auch wenn die Zwei-Prozent-Marke nicht erreicht wird. Die Nato-Beschlüsse zur Steigerung der Verteidigungsausgaben im würden nur bestätigt. "Bestätigen heißt: Nicht mehr und nicht weniger", sagte Merkel.

Trotzdem kamen die Nato-Verbündeten Trump entgegen, indem sie zwei seiner Forderungen erfüllten: Sie billigten den formalen Beitritt der Nato zur Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat. Und sie kündigten Pläne zum Erreichen des Ziels an, zwei Prozent des Bruttosozialprodukts für Verteidigung auszugeben.

Vor dem Nato-Termin hatte Trump erstmals EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker getroffen. Tusk sagte danach, er habe das Gefühl, man sei sich bei vielem nahe, etwa beim Kampf gegen Terror. "Aber einige Fragen bleiben offen - wie Klima und Handel." Über Russland sagte Tusk, er sei "nicht hundertprozentig sicher", dass man eine gemeinsame Position habe. Tusk mahnte auch, für Europa und Amerika müssten Werte und Prinzipien wie Freiheit, Menschenrechte und Menschenwürde an erster Stelle stehen.

Gemeinsame Arbeitsgruppe

Kommissionspräsident Juncker warb bei dem Treffen nach Angaben eines Sprechers für intensivere Handelsbeziehungen. Ein kleines Ergebnis des Treffens mit Trump: Man will eine gemeinsame Arbeitsgruppe für einen Aktionsplan zum Handel ins Leben rufen.

Trump äußerte sich nach dem Treffen nicht öffentlich, sondern fuhr zu einem Mittagessen mit dem neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Dieser sagte danach, das Gespräch sei "sehr direkt und offen" gewesen, doch habe man nicht bei allen Themen die gleiche Lesart.

Ex-Präsident Obama ging bei seinem Auftritt in Berlin indirekt auf Distanz zu seinem Nachfolger Trump, indem er eindringlich für Freiheitsrechte und diplomatische Konfliktlösungen eintrat. Trumps Namen erwähnte Obama aber nicht.

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