SPD hinter AfD: Der Umfrageschock kommt mit Ansage

20.2.2018, 09:36 Uhr
SPD hinter AfD: Der Umfrageschock kommt mit Ansage

© Paul Zinken/dpa

Sigmar Gabriel, so hatte die Linke vor gerade eineinhalb Jahren noch gelockt, könne schon morgen Bundeskanzler sein. Natürlich war das ein vergiftetes Angebot an die SPD, aber doch eines, das man theoretisch hätte in die Tat umsetzen können: Denn im Bundestag der Legislaturperiode 2013 bis 2017 gab es eine linke Mehrheit aus SPD, Grünen und Linken.

Heute gibt es in Deutschland und im Bundestag keine linke Mehrheit mehr. Warum das so ist, das lässt sich vor allem mit der Flüchtlingskrise erklären: Die Tage, in denen Zehntausende Menschen ins Land strömten und der Staat Kontrolle und Überblick verlor, brannten sich ins kollektive Gedächtnis der Deutschen ein. Das mündete fast zwangsläufig in einem Erstarken rechter Kräfte, die sichere Grenzen versprachen.

Für SPD, Linke und Grüne heißt dieser politische Meinungsumschwung: Der Kuchen, den es auf der linken Seite zu verteilen gibt, ist kleiner geworden. Das ist einer der Gründe für den Niedergang der SPD, die in einer Umfrage inzwischen hinter der AfD liegt.

Der andere, gewichtigere ist in der SPD selbst zu finden. Die Partei hat unter Wählern, die früher automatisch ihr Kreuz bei den Sozialdemokraten machten, einen enormen Vertrauensverlust erlitten. Der hat mit den Reformen der Agenda 2010 zu tun, aber auch mit dem Alltag vieler Menschen in Deutschland.

Menschen, die sich als prekär bezahlte Paketfahrer aufreiben, wo doch immer vom „Wirtschaftswunderland“ die Rede ist. Die nicht wissen, wie sie das Geld für die Schul-Abschlussfeier der Kinder zusammenbekommen sollen, wo andere Eltern aufwendige Exklusiv-Events planen. Die auf der Warteliste für die Genossenschaftswohnung ganz hinten stehen, wo nebenan Appartements für eine neue urbane Oberschicht gebaut werden.

Der Zorn dieser Menschen trifft Angela Merkel, er trifft aber weit mehr die Partei, auf die viele am unteren Rand stets zählten: die SPD. In 15 Regierungsjahren seit 1998 hat sie ihr Profil als Vorkämpferin für die Schwachen eingebüßt. Diese Menschen suchen sich nun andere Parteien, manche auch die AfD, die geschickt existierende soziale Probleme aufgreift, wenngleich mit dem Ziel, sie gegen Fremde zu instrumentalisieren. Viele durchschauen das, aber nicht jeder, der die AfD wählt, tut das aus Überzeugung - sondern oft einfach aus Frust.

Fragliche Erneuerung in einem Bündnis mit Merkel

Will die SPD nicht Kleinpartei werden, muss sich sich dringend den Menschen zuwenden, die sich von der Politik vergessen fühlen. Dass dies in einer Großen Koalition, dass dies im Bündnis mit einer Kanzlerin Angela Merkel gelingen soll - das ist äußerst fraglich.

In der SPD sind derzeit zwei Lager zu beobachten: das derer, die eine neue Große Koalition möglichen Neuwahlen vorziehen, weil sie im Falle solcher Neuwahlen mit Recht weitere Stimmverluste befürchten. Und das Lager jener, die eine solche Neuwahl-Niederlage in Kauf nehmen würden, weil sie sich von der dann folgenden Zeit in der Opposition eine inhaltliche und personelle Erneuerung ihrer Partei versprechen. Welchen dieser beiden Wege die SPD einschlägt, das haben nun die Parteimitglieder in der Hand.

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