Warum soziale Ungleichheit uns alle etwas angeht

17.8.2017, 14:19 Uhr
Armut hat in Deutschland viele Gesichter: Oftmals lohnt sich die Arbeit im Niedriglohnsektor nicht mehr.

© Franziska Kraufmann/dpa Armut hat in Deutschland viele Gesichter: Oftmals lohnt sich die Arbeit im Niedriglohnsektor nicht mehr.

"Für gute Arbeit und gute Löhne" plakatiert die CDU dieser Tage in der Republik. Es ist ein Satz, der - in leicht abgwandelter Form -  in jedem Wahlkampf auftaucht. Übrigens auch bei anderen Parteien.

Arbeit muss sich lohnen, doch in der Realität gilt das oft nicht: Nach einer aktuellen Untersuchung der Bertelsmann Stiftung rentiert sich Mehrarbeit für Geringverdiener nicht immer. Im schlimmsten Fall können Sozialabgaben, Transferleistungen und Einkommenssteuern gar zu Verlusten führen. Spitzenverdienern bleibt vom Mehrverdienst deutlich mehr.

Das ist fatal, aus mehreren Gründen: Warum sollte jemand ein paar Stunden aufstocken, vielleicht einen etwas besser bezahlten Job annehmen, wenn er davon nichts auf dem Konto merkt? Die hohen Abgaben sind ein absoluter Motivationskiller. Forderungen aus Politik und Wirtschaft, die immer wieder eine höhere Leistungsbereitschaft verlangen, müssen bei den Betroffenen wie Hohn klingen.

Große Reform des Steuersystems ist angebracht 

Zumal Spitzenverdiener von jedem hinzuverdienten Euro mehr behalten als Geringverdiener. Die Schere zwischen Arm und Reich, die schon jetzt auseinander klafft, wird so immer größer. Dabei ist ein zu großes Ungleichgewicht Gift für jede Gesellschaft: Wenn sich die Einkommensverteilung zu stark auseinander entwickelt, ist der soziale Zusammenhalt gefährdet.

Auch aus ökonomischer Sicht sind die Studienergebnisse schlechte Nachrichten. Denn wenn einem Teil der Gesellschaft die Motivation genommen wird, sich einzubringen, fehlt es an produktiven Kräften und an wirtschaftlicher Dynamik. Mittel- und langfristig wird der gesamten Volkswirtschaft geschadet.

Daher brauchen wir eine große Reform des Steuersystems, keine kleinen Reförmchen wie in den letzten Jahren. Abgaben müssen besser aufeinander abgestimmt werden, die kalte Progression endlich abgeschafft werden. Es ist Zeit, dass die Politik nicht nur schöne Slogans im Wahlkampf plakatiert, sondern endlich etwas gegen diese skandalöse Ungleichheit tut.

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