Chefarzt-Prozess: Verteidigung fordert Bewährungsstrafe

5.10.2016, 16:22 Uhr
Der Arzt ist unter anderem wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs angeklagt, der Prozess läuft seit April 2015. Am 17. Oktober soll das Urteil verkündet werden.

© dpa Der Arzt ist unter anderem wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs angeklagt, der Prozess läuft seit April 2015. Am 17. Oktober soll das Urteil verkündet werden.

Im sogenannten Chefarzt-Prozess haben zwei Verteidiger des Mannes, der im Klinikum Bamberg mehrere Frauen vergewaltigt haben soll, eine Bewährungsstrafe gefordert. Selbst wenn es einen Sexualbezug geben würde, würde es sich um einen minderschweren Fall der Vergewaltigung handeln, argumentierte einer der Anwälte nach Angaben eines Gerichtssprechers am Mittwoch vor dem Landgericht Bamberg. Er fordere "auf jeden Fall eine bewährungsfähige Strafe", zitierte der Sprecher den Anwalt. Der Angeklagte hatte in dem Prozess ein sexuelles Motiv bestritten. Der dritte Verteidiger des Angeklagten beantragte Freispruch.

Der Angeklagte sitzt bereits seit August 2014 in Untersuchungshaft. Was noch folge, sei "unangemessene Rache", sagte einer der Verteidiger vor Gericht dem Sprecher zufolge und beantragte auch die Aussetzung des Haftbefehls. Strafzweck sei nicht die "Vernichtung des Täters", sondern die Resozialisierung. Die soziale und professionelle Existenz seines Mandanten sei bereits vernichtet. Er habe das Meiste, wenn nicht alles, von dem verloren, was er sich erarbeitet habe - auch durch die Berichterstattung in den Medien.

Die Staatsanwaltschaft hatte in der vergangenen Woche für den Angeklagten die Höchststrafe von 15 Jahren Haft gefordert - vor allem wegen schwerer Vergewaltigung mehrerer Frauen. In ihrer Anklage hatte die Behörde dem Mann noch einfache Vergewaltigung vorgeworfen. Der Antrag sei "bar jeder Verhältnismäßigkeit", kritisierte einer der Verteidiger am Mittwoch. In vielen Fällen brutaler Vergewaltigung lägen die Strafen deutlich darunter.

Angeklagter in Schockstarre

In seinem letzten Wort sagte der frühere Chefarzt, er habe auf den Antrag auf Höchststrafe mit "Schockstarre, Fassungslosigkeit und tiefer Betroffenheit" reagiert. Es tue ihm leid, was die Frauen beim Betrachten der Bilder empfunden hätten, die er von ihnen gemacht habe. Er habe aber kein sexuelles Motiv gehabt.

Laut Anklage soll der 50-Jährige im Krankenhaus Frauen betäubt und sich an ihnen vergangen haben. Zudem machte er laut Anklage die Patentochter seiner Frau betrunken und filmte sie auf dem Bett liegend in einem Hotelzimmer. Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. Er sagt, er habe neue Behandlungsmethoden gegen Beckenvenen-Thrombosen erproben und dafür Bilder machen wollen.

Er schließe aus, sagte er in seinem letzten Wort, dass die Frauen betäubt, bewusstlos oder nicht ansprechbar gewesen seien. Vielleicht, so beendete er seinen Vortrag, hätte er den Frauen deutlicher erklären sollen, was er mache - das mache ihn aber nicht zum Sexualstraftäter.

Im Fall der Patentochter seiner Frau hatte er während des Verfahrens das äußere Geschehen eingeräumt. Seine Verteidigung argumentiert, er habe dabei keine Gesetze verletzt. Hierfür forderte der dritte Verteidiger allenfalls eine Geldstrafe.Die Schlussvorträge in dem sogenannten Chefarzt-Prozess wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehalten. Das Urteil allerdings wird öffentlich verlesen - wenn auch möglicherweise nicht die Urteilsbegründung. Verkündet werden soll es am 17. Oktober.