Drei Jahre, sechs Monate: Hoeneß' Anwalt kündigt Revision an

13.3.2014, 15:00 Uhr
Uli Hoeneß muss für drei Jahre und sechs Monate in Haft.

© dpa Uli Hoeneß muss für drei Jahre und sechs Monate in Haft.

Zuvor teilte der Richter mit, dass Uli Hoeneß mit einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten für seine millionenschwere Steuerhinterziehung büßen muss. Das Landgericht München sprach den Präsidenten des FC Bayern München am Donnerstag in einem der spektakulärsten Steuerverfahren in Deutschland in sieben Fällen schuldig. Mit dem Urteil zeigten sich die Verteidiger von Hoeneß nicht zufrieden und legten Revision ein.

Hoeneß hatte dem Fiskus mit einem Geheimkonto in der Schweiz mindestens 27,2 Millionen Euro an Steuern vorenthalten. Hoeneß blickte beim Urteilsspruch zu Boden und zeigte nur wenig Regung.

Das Gericht blieb deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die wegen eines besonders schweren Falles von Steuerhinterziehung für eine Haft von fünf Jahren und sechs Monaten plädiert hatte. Die Verteidigung hielt höchstens eine Bewährungsstrafe für angemessen, sollte das Gericht die Selbstanzeige als unwirksam erachten. Beide Parteien können in Revision gehen. Nächste Instanz ist der Bundesgerichtshof in Karlsruhe.

Hoeneß' Hoffnung, den Saal 134 im Münchner Justizpalast doch noch als freier Mann verlassen zu können, erfüllte sich nicht. Als Richter Rupert Heindl um 14.07 Uhr das Urteil verkündete, zuckten seine Mundwinkel. Seine Ehefrau Susi litt im Zuschauerbereich mit und war nach dem Richterspruch völlig erstarrt.

Am vierten und letzten Verhandlungstag hatte es keine weiteren Beweisanträge gegeben. Das Verfahren konnte damit gleich mit den Plädoyers fortgesetzt werden. Ankläger Achim von Engel sprach von einem besonders schweren Fall von Steuerhinterziehung. Hoeneß' Anwalt Hanns Feigen hatte in seinem rund 50-minütigen Schlussplädoyer auch eine Aussetzung des Haftbefehls gefordert.

Falls das Gericht davon ausgehe, die Selbstanzeige sei wirksam, müsse von Straffreiheit ausgegangen werden. „Ich habe dem Vortrag von meinem Verteidiger nichts hinzuzufügen. Er hat alles gesagt, was ich nicht besser hätte formulieren können“, sagte Hoeneß in seinem Schlusswort. Der 62-Jährige legte seiner Frau Susi die Hand auf den Arm, als er vor der Beratung des Gerichts für rund zweieinhalb Stunden zwischen Hoffen und Bangen verließ.

Was passiert jetzt beim FC Bayern?

Sein Haftbefehl war im Frühjahr vergangenen Jahres gegen eine Kaution von fünf Millionen Euro außer Vollzug gesetzt worden. Die Anklage war ursprünglich von 3,5 Millionen Euro hinterzogenen Steuern ausgegangen. Im Laufe des Prozesses war die Summe auf mindestens 27,2 Millionen Euro emporgeschnellt. Die Verteidigung hatte diese Steuerschulden anerkannt.

Das Urteil dürfte auch den FC Bayern erschüttern. Hoeneß ist seit Jahrzehnten das Gesicht des Vereins. Als Spieler, Manager, Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender der AG prägte und prägt der Patriarch vom Tegernsee den erfolgreichsten deutschen Fußball-Club. Kann er seine Ämter als Präsident und Aufsichtsrat nun behalten? Der seit 2009 als Präsident amtierende Hoeneß hatte auf der Mitgliederversammlung im November 2013 angekündigt, nach dem Prozess die „Vertrauensfrage“ zu stellen.

„Ich werde mich jedem Votum, das sie treffen, unterwerfen“, hatte Hoeneß zu den Mitgliedern gesagt. Er wolle ihnen auf einer außerordentlichen Hauptversammlung „das Recht geben, zu entscheiden, ob ich noch der richtige Präsident für diesen Verein bin“.

VW-Chef Martin Winterkorn stellte eine schnelle Reaktion des mit weiteren deutschen Wirtschaftsführern besetzten Aufsichtsrates in Aussicht. Nach dem Urteilsspruch „muss sich der Aufsichtsrat beraten. Vorher nicht“, sagte der Volkswagen-Chef am Donnerstag – vor dem Urteilsspruch – bei der Bilanzvorlage des Autobauers in Berlin.

"Medialer Wirbelsturm"

Im Kern ging es bei den Plädoyers um die Wirksamkeit der im Januar 2013 von Hoeneß gestellten Selbstanzeige. „Eine wirksame Selbstanzeige, die die Verfolgung verhindern würde, liegt nicht vor“, meinte der Staatsanwalt. „Die Tat wird überlagert von einer vollständigen Rückkehr zur Steuerehrlichkeit“, sagte hingegen Feigen. „Die Stunde Null dieses Verfahrens ist der 17. Januar 2013. Das war die Rückkehr des Herrn Hoeneß zur Steuerehrlichkeit“, betonte der Staranwalt. Schon aus der Selbstanzeige hätten sich über eine Schätzung die Steuerschulden errechnen lassen, argumentierte Anwalt Feigen.

Daraus habe die Finanzverwaltung zwei Wochen nach dem Einreichen der im Januar 2013 eingereichten Selbstanzeige in einer Probeberechnung sogar eine Steuerschuld von 70 Millionen Euro errechnet. Da lägen die jetzt veranschlagten 27 Millionen deutlich darunter, betonte Feigen. Es gebe bisher keine Urteile, wie mit einer solchen fehlgeschlagenen Selbstanzeige umzugehen sei, erklärte Feigen. Es sei zu prüfen, warum die Selbstanzeige fehlgeschlagen sei. Das sei nicht die Schuld von Hoeneß gewesen. Die Selbstanzeige sei von Beratern erstellt worden. Es wäre besser gewesen, lediglich eine Schätzung vorzunehmen.

An den Staatsanwalt gerichtet sagte Feigen, er halte die von ihm beantragte Strafe „in der Oktave für völlig verfehlt“. Auch die Anklagebehörde habe festgehalten, „dass ohne die Selbstanzeige die Ermittlungen der Behörden ergebnislos verlaufen wären“. Für Hoeneß spreche zwar, dass er ein Geständnis abgelegt habe, nicht vorbestraft sei und unter einer großen psychischen Belastung stehe, räumte Ankläger von Engel ein.

Der Prozess habe einen „gewaltigen medialen Wirbelsturm“ ausgelöst. Hoeneß habe öffentlich am Pranger gestanden. Auch Hoeneß' Lebensleistung, sein soziales Engagement und die verunglückte Selbstanzeige können den Bayern-Boss aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht vor einer Gefängnisstrafe bewahren. Gewichtige Milderungsgründe, die eine Bewährungsstrafe rechtfertigen würden, seien das alles nicht, erklärte von Engel.

In einer ersten Reaktion zeigte sich die Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Renate Künast, mti dem Urteil zufrieden. „Die Haftstrafe ohne Bewährung war unausweichlich. Angesichts der riesigen Summen konnte das Gericht nicht anders entscheiden“, sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag. „Vor dem Gesetz sind alle gleich. Trotz des ungeheuren Rummels, das Gericht hat seine Aufgabe im Rechtsstaat erfüllt“, sagte Künast.

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