Poetenfest: Physik trifft das geschriebene Wort

17.8.2014, 12:45 Uhr
Poetenfest: Physik trifft das geschriebene Wort

© Foto: CERN/Daniel Dominguez

Schon immer haben Schriftsteller naturwissenschaftliche Erkenntnisse in ihren Werken aufgegriffen. Doch ist es umgekehrt auch so, dass die Naturwissenschaft die Literatur braucht – zum Beispiel, um ethische Debatten anzustoßen? Auf jeden Fall, meint die Erlanger Literaturwissenschaftlerin Aura Heydenreich. „Wir müssen uns Gedanken über die kulturellen Konsequenzen der Forschung machen. Wir brauchen Foren, wo man überlegt, wo man steht und wo das hinführt.“

Gemeinsam mit dem theoretischen Physiker Klaus Mecke koordiniert Aura Heydenreich das Erlanger Zentrum für Literatur und Naturwissenschaft (ELINAS), das sich dem wechselseitigen Wissenstransfer zwischen den Disziplinen widmet. Anfang Juni wurde – nach bereits längerer Zusammenarbeit – dieses international vernetzte „Emerging Field-Projekt“ an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) gegründet. ELINAS hat sich nicht nur der Forschung verschrieben, das Zentrum möchte das Thema auch der Öffentlichkeit zugänglich machen – so wie beim diesjährigen Poetenfest.

Literatur und Naturwissenschaft – geprägt durch eine spannende und spannungsvolle Verbindung – hätten sich viel zu sagen, betont Aura Heydenreich und verweist auf den englischen Schriftsteller und Wissenschaftler Charles Percy Snow. Dieser hatte bereits 1959 mit seiner These „Die zwei Kulturen“ das Wechselspiel von geisteswissenschaftlich-literarischer und naturwissenschaftlich-technischer Kultur analysiert und angemahnt, dass beide nicht im gegenseitigen Nichtverständnis verharren.

Dass sprachkulturelle und wissenschaftliche Interessen sich überschneiden, war zu Keplers, Lichtenbergs oder Goethes Zeiten noch selbstverständlich. Thomas Lehr und Raoul Schrott sind zwei Schriftsteller, die sich heute intensiv mit Physik auseinandersetzen und ihre je eigene kreative Antwort darauf geben, wie mathematisch-symbolische in literarische Darstellungsformen überführt werden können.

In ihrem Gespräch mit Aura Heydenreich und Klaus Mecke (Freitag, 29. August, 19 Uhr, Orangerie) geht es aber nicht nur darum, wie physikalische Erkenntnisse in die Literatur Eingang finden, sondern auch darum, wie Literatur die Physik zurück auf den Boden der gesellschaftlichen Realität holt.

Auch Literatur und Astronomie verbindet ein gemeinsames Erkenntnisinteresse: Wie lässt sich die Welt beobachten und beschreiben? Schriftsteller und Physiker werden in einer Podiumsdiskussion (Samstag, 30. August, 16 Uhr, Orangerie) der Frage nachgehen, was es für die Literatur bedeutet, wenn zum Beispiel der Mond kein himmlisches Gestirn mehr ist, sondern eine zweite Erde mit Tälern und Bergen, zu der man reisen kann.

Jörn Wilms – Astrophysiker und Leiter der Dr. Karl Remeis-Sternwarte Bamberg – bekennt, ein leidenschaftlicher Leser von Science-Fiction zu sein und sieht in den fantastischen Welten zahlreiche Anstöße für wissenschaftliche Forschung. Die Autorin Ulrike Draesner ist fasziniert von Astronomie, die uns Welten sehen lässt, für die wir sonst blind sind. In ihren Romanen spielen daher oft Astrophysiker eine entscheidende Rolle. Ulrich Woelk vereint als Schriftsteller und promovierter Physiker die zwei Welten in einer Person. In poetisch-physikalischen Schreibexperimenten gibt er Auskunft über die oft nicht bekannte Innenperspektive eines Astrophysikers und den durch Wissenschaft nicht zu bewältigenden Erkenntnisrest.

Keine Kommentare