Forchheim: Pflegerin soll behindertes Kind geschlagen haben

22.7.2017, 08:00 Uhr
Forchheim: Pflegerin soll behindertes Kind geschlagen haben

© Huber

Es dauerte nur wenige Minuten, und schon fühlte man sich als Zuhörer im Amtsgericht wieder an den Prozessauftakt vor drei Wochen erinnert. Rechtsanwältin Annette Voges aus Hamburg fiel den Zeugen ständig ins Wort, fragte bereits beantwortete Fragen immer wieder und belehrte die ermittelnde Polizeibeamtin und Amtsrichterin Silke Schneider, wie sie ihre Arbeit zu tun hätten.

Die Verteidigerin widersprach der Verlesung medizinischer Atteste, bezweifelte, ob der Strafantrag der Mutter ausreichend gewesen sei und blaffte zuletzt Staatsanwalt Daniel Heppt aus Bamberg an, der ein zügigeres Vorgehen anmahnte: "Halten Sie doch jetzt mal den Mund!"

Da war der Tatvorwurf, die Angeklagte hätte, als die Mutter wegen eines Klinik-Aufenthaltes und eines Scheidungsverfahrens nicht zu Hause gewesen sei, deren Tochter mit dem Handballen von unten gegen das Kinn geschlagen, damit diese "die Fresse halte".

Heilbringender Talisman

Das Kind habe sich dabei eine blutende Wunde im Mundraum zugezogen und einen Schaden an einem Zahn, der dabei wohl abgestorben sei und sich nunmehr gräulich verfärbt habe. Die Aussagen am zweiten Verhandlungstag erbrachten keinerlei Erkenntnisse über die Tat selbst.

Dafür gerieten die Mutter des verletzten Kindes und ihr Privatleben ins Visier der Verteidigung. Sie hätte sich nicht um ihre drei schwerbehinderten Kinder gekümmert, einen islamischen Geistlichen um einen heilbringenden Talisman gebeten und vom Pflegedienst 3000 Euro monatlich als Anteil gefordert, so die von der Verteidigung benannten Zeugen.

Sie hätte sich "nur um die Kinder gekümmert, wenn das Jugendamt da war." Außerdem fiel ein seltsames Licht auf die Arbeitsweise des ambulanten Pflegedienstes, der seine internen Teambesprechungen im von Kunden frequentierten Verkaufsraum einer Bäckerei abhielt, seine Mitarbeiter nach wenigen Monaten wechselte, was diese erst von der Polizei erfuhren, und behinderte Kinder, die auf Grund ihrer Krankheit "Schreiattacken" bekommen, "anbrüllte", um sie so zu "erziehen".

Einen Freispruch für ihre Mandantin forderte Rechtsanwältin Voges, die keine belastbaren, höchstens voreigenommene Zeugenaussagen feststellen konnte. Sie unterstellte den ehemaligen Mitarbeiterinnen der Angeklagten zudem, sie hätte nicht die erforderliche berufliche Qualifikation, würden Wahrnehmung und Mutmaßung vermischen und in einem Fall sogar wissentlich falsch aussagen.

"Keine Zweifel"

Die Verletzungen seien durch die Krampfanfälle des pflegebedürftigen Kindes selbst verursacht oder zeitlich nicht mehr festzulegen. Am Ende der beiden Verhandlungstage hatte Strafrichterin Silke Schneider "keine Zweifel" an der vorsätzlichen Körperverletzung in zwei Fällen. "Es waren Schläge."

Eine 13-monatige Freiheitsstrafe auf Bewährung, wie vom Anklagevertreter gefordert, wurde es indes nicht. Die weniger schwerwiegenden Verletzungen an dem 14-jährigen Mädchen und die bisherige Unbescholtenheit der Angeklagten führten zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen.

Weil die Angeklagte keine Angaben zu ihrem Einkommen machen wollte, schätzte das Gericht dieses auf 3000 Euro monatlich. Damit war der Tagessatz auf 100 Euro festgelegt. Die Verteidigung kündigte bereits an, in die nächste Instanz gehen zu wollen. Dann wird es am Landgericht Bamberg weitergehen.