Fürther Brücken: "Bei leisesten Bedenken reagieren wir"

16.8.2018, 13:00 Uhr
Fürther Brücken:

© Foto: André De Geare

Herr Pösl, auf den Punkt gebracht: Könnte so ein Unglück auch in Fürth passieren?
Hans Pösl: Ich denke, nein. Es gibt die DIN-Norm 1076 mit eindeutigen Prüfvorschriften für Brücken. Alle drei Jahre müssen sie strikt abgearbeitet werden. Alle sechs Jahre steht eine Hauptprüfung an, bei der Brücken auf Herz und Nieren untersucht werden.


Nach Genua: Wie groß ist die Gefahr auf Bayerns Brücken?


. . . und wenn dabei ein Schaden festgestellt wird?

Pösl: Schon wenn der Prüfstatiker die leisesten Bedenken hat, reagieren wir. Als Erstes reduzieren wir die Belastung, indem wir keine schweren Lastwagen mehr passieren lassen.

Wie auf der Zirndorfer Brücke?

Pösl: Genau. Und zusätzlich nehmen wir mindestens alle sechs Monate den Zustand unter die Lupe. Sollte der Statiker die Sperrung empfehlen, würden wir uns dem nicht entgegenstellen. Die alte Vacher Zennbrücke hatten wir vorsorglich mit Stahlbeton verstärkt, damit der Verkehr während des Neubaus daneben weiter über sie fahren konnte. Und an der alten Vacher Regnitzbrücke hatten wir Sensoren angebracht, die Alarm schlagen, sobald sich der Überbau minimal senkt. Beide Brücken zeigten Risse, die es nach den Regeln der Baukunst dort eigentlich nicht geben dürfte.

Haben sich die Sensoren bewährt?

Pösl: Sicher. Alarm wurde allerdings nur ein einziges Mal ausgelöst. Sofort haben wir die Brücke komplett für den Verkehr gesperrt. Es stellte sich jedoch heraus, dass nur die sensible Elektronik für den Alarm verantwortlich war und keine Veränderung des Bauwerks.

Weshalb bereiten ausgerechnet moderne Brücken solche Probleme, während antike Bauwerke scheinbar unverwüstlich sind?

Pösl: Historische Brücken sind ausgemachte Schwergewichte. Sie wurden in massivster Art und Weise konstruiert. Heute wären sie in der Herstellung unbezahlbar. Hinzu kommt, dass man in neuerer Zeit meinte, Brücken verschandeln die Landschaft. Deshalb versuchte man, sie immer schlanker zu bauen. Sie wurden gewissermaßen ausgehungert. Und das hatte negative Folgen.

Ist nicht auch der zunehmende Verkehr Schuld an der Misere?

Pösl: Natürlich. In der Antike mussten Brücken nur Ochsenfuhrwerke tragen. Heute werden ihnen immer höhere Lasten zugemutet. Das muss sich auswirken. Hinzu kommt, dass viele Menschen ,freie Fahrt für freie Bürger‘ als selbstverständlich halten. Das gilt dann auch im Winter. Wir müssen folglich mit Salz gegen Glatteis vorgehen. Das Taumittel greift aber den Beton und Stahl der Brücken an.

Sie verursachen horrende Kosten. Warum sind moderne Brücken und ihre Sanierungen denn so teuer?

Pösl: Was ins Geld geht, ist vor allem das Material. Für Brücken kann kein gewöhnlicher Stahl verwendet werden. Es muss ein hochwertiger Spezialstahl sein, der wie ein Gummiband gespannt werden kann, bevor man ihn an den Brückenenden fixiert. Auch der Beton muss besonders vergütet sein, damit er die Belastungen aushält. Moderne Brücken müssen elastisch schwingen können. Das geht natürlich nicht ewig. Irgendwann gibt es Ermüdungserscheinungen.

Wie erklären Sie sich den Einsturz in Genua?

Pösl: Da kann ich nur spekulieren. Unter Umständen wurde beim Bau Stahl verwendet, bei dem sich hinterher herausstellte, dass er zur Rissbildung neigt. Ich weiß nicht, ob in Italien so strenge Kontrollrichtlinien gelten wie bei uns. Auch bei den Arbeiten am Fundament eines Pfeilers oder an den Gelenken des Überbaus können Fehler gemacht worden sein.

Haben wir aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt?

Pösl: Das glaube ich schon. Es gibt heute viel strengere Vorschriften, die alle Erfahrungen berücksichtigen.

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