Matthias Egersdörfer: Vom Lausbub zum Tatort-Star

28.2.2015, 21:00 Uhr
Matthias Egersdörfer: Vom Lausbub zum Tatort-Star

© Harald Sippel

Ganz Franken fiebert dem 12. April entgegen. Was wird uns der Tatort von Franken zeigen?

Matthias Egersdörfer: Viel ist in Nürnberg gedreht worden. Aber auch ich kenne nur einen Teil der Geschichte. Ich hatte drei Drehtage und werde drei, vier Minuten zu sehen sein. Aber es hat sehr viel Spaß gemacht.

Sind Sie ein grantiger, schnell explodierender Spusi-Leiter, ein echter Egersdörfer am Tatort?

Egersdörfer: Nein, ich brülle nicht. Das Ermittler-Team ist eher nett zueinander. Und es ist ja schön, sich mal anders zeigen zu dürfen.

Konnten Sie einfach spielen, wie Sie wollten?

Egersdörfer: Ich kam ja erst spät dazu, weil Erwin Pelzig terminlich nicht konnte. Dann wurde ich von Regisseur Max Färberböck ganz regulär gecastet. Ich musste zwei Probetexte vortragen und dann noch zwei Szenen improvisieren. Ich habe mich dann sehr gefreut, dass ich genommen wurde. Beim Drehen selbst war es neu für mich, eine Szene etliche Male zu wiederholen, sich an die Figur heranzutasten, bis auch der Regisseur zufrieden war. Ich fand das eine angenehm fordernde Herangehensweise.

Star im Tatort, häufiger Gast in der ZDF-Anstalt, auf den deutschsprachigen Bühnen gebucht bis Ende 2016: Hätte sich das der Laufer Lausbub, der lange nicht wusste, was aus ihm werden soll, damals träumen lassen?

Egersdörfer: Das Glück ist schon immens und bringt mich zum Staunen. Ich hatte ja in meinem Umfeld nicht viele Fürsprecher für eine Bühnenkarriere, ich hatte kein Netzwerk, die ersten Kritiken waren mäßig. Der Erfolg stellte sich witziger Weise außerhalb Frankens ein – im Quatsch-Comedy-Club Berlin und in Hamburg, wo ich 2007 den Comedy Pokal gewonnen habe. Erst dann habe ich auch in Franken die Auftritte gekriegt, die mir vorher versagt blieben.

Im neuen Programm „Vom Ding her“ geht es eher ruhig zu. Andere Programme hingegen – wie das Stück „Carmen“ – sind so radikal, ordinär und lautstark, dass sich Zuschauer „für Franken schämen“. In der ZDF-Anstalt zuckte das Publikum kürzlich zusammen, als Sie losbrüllten. Wie kommen Sie mit den unterschiedlichen Erwartungen zurecht? Wird der Egers irgendwann ruhig und nachdenklich, spricht Hochdeutsch?

Egersdörfer: Man muss schon auch nerven und den Leuten auf den Sack gehen. Wenn sich andere für mich schämen, empfinde ich das inzwischen fast als Auszeichnung. Für mich ist Brüllen auf der Bühne sehr lustig. Wenn etwa der Polt sich richtig in Rage redet, zerreißt es mich immer fast vor Lachen. Eine Geschichtenerzählerin hat mir übrigens einst empfohlen, beim Fränkischen zu bleiben, denn damit stelle ich schon eine komplette Figur dar, die nicht lange erklärt werden muss.

Ein erboster Zuschauer schrieb Ihnen ins Gästebuch: „Hildebrandt würde sich im Grab umdrehen.“ Würde er?

Egersdörfer: Ich habe Dieter Hildebrandt noch kennengelernt, er war sehr freundlich zu mir. Mein Thema ist halt nicht das politische Tagesgeschäft. Meine Bühnengeschichten speisen sich aus eigenen Erlebnissen, daraus entwickle ich Gleichnisse, Botschaften, Haltung.

Eines Ihrer Markenzeichen ist der sehr offene Umgang mit dem Thema Sex. Sie preisen gern mal vor dem Publikum die Größe Ihres Gemächts oder befragen einen schwulen Bühnenpartner kindlich-naiv nach seinen Sexpraktiken. Warum das? Und warum verunsichert das im Zeitalter von YouPorn das Publikum noch so, dass es mitunter den Atem anhält?

Egersdörfer: Ich forsche bei meinen Auftritten auch nach dem Grundsätzlichen. Da ist Sexualität natürlich ein zeitloses Thema. Zudem passen solche Geschichten gut zu einer Bühnenfigur, die nicht darauf ausgelegt  ist, ein charmanter Sympathieträger zu sein.

Meine Beobachtung, insbesondere in Franken, hat ergeben, dass an vielen Wirtshaustischen, in Vereinen und im öffentlichen Nahverkehr Sex ein immer wiederkehrendes Thema ist. Dieselben Menschen, die mittags in der Kneipe Zipfelwitze reißen, haben dann oftmals Probleme damit, wenn am Abend auf der Bühne im ähnlichen Tonfall gesprochen wird. Meine Freude über diesen Sachverhalt ist nicht gering.

Jetzt malt der Egers auch noch, nicht ganz jugendfreie Tuschezeichnungen zum Thema Bambi in der Fürther A.theke. Warum das?

Egersdörfer: Ich habe mich sehr über die Einladung zu dieser Gruppenausstellung gefreut und gleich Tusche und Feder hervor geholt. Malerei hab ich studiert – bei Peter Angermann. Ich habe von ihm viel gelernt, zum Beispiel die kurze, schnelle, effektive Herangehensweise an ein Thema. Der Vorteil von diesen Zeichnungen ist auch, dass sie nicht brüllen. Sie hängen ganz stumm an der Wand.

3sat, Sonntag, 1. März, 20.15 Uhr, Verleihung Deutscher Kleinkunstpreis

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