Schlimmer Fund: "Eimerweise tote Bienen"

22.1.2018, 17:57 Uhr
Schlimmer Fund:

© Archiv: Tom Kern

"Sie alle liebe Leserinnen und Leser wissen aus Mitteilungen der Presse und Berichten des Fernsehens, wie bedrohlich und wie ernst es um unsere Insekten und vor allem um unsere Bienen bestellt ist.

Seit Jahren kämpfen wir Imker gegen eine Milbe (Varroa), die sämtliche Bienenvölker befallen hat in ganz Europa. Diese Milbe saugt das Blut der Bienen. Ohne Hilfe des Imkers müssen die Bienen sterben. Heute sind wir dank intensiver Forschung soweit, dass wir mit rein biologischen Mitteln (Ameisen- und Oxalsäure) diese Milbe beherrschen können. Was uns Imker jedoch viel mehr Sorgen bereitet, ist der Einsatz der Chemie in der Landwirtschaft. Was ich in 22 Jahren meiner Imker-Tätigkeit erleben musste, kann und will ich nicht alles heute bringen. Zwei traurige Erlebnisse will ich aber doch beschreiben:

Erlebnis 1: Es war der 11. Mai. Der Raps stand in voller Blüte und meine Bienen stehen am Waldrand etwa 100 Meter entfernt. Sie beflogen seit zwei Tagen das blühende Rapsfeld. Als ich um die Mittagszeit meine Bienen besuchte, bot sich mir am Bienenhaus ein trauriges Bild. Eimerweise tote Bienen, die gerade noch den Heimflug schafften und dann vor dem Flugloch oder im Magazin sterben mussten.

Was war geschehen? Das Rapsfeld war am Tag vorher um die Mittagszeit bei starkem Bienenflug in die Blüte gespritzt. Vom Hersteller des Spritzmittels ist vorgeschrieben, dies nur außerhalb des Bienenfluges anzuwenden (früh am Morgen oder am Abend). Dies wurde vom Bauern aber nicht eingehalten. Polizei, Sachverständige und ich haben dann tote Bienen und Rapsblüten nach Braunschweig an das Julius-Kühn-Institut zur Prüfung eingeschickt. Ergebnis: Die Bienen sind zweifelsfrei an diesem Gift gestorben. Meine Bitten an die Bauern: Beachten Sie die Vorschriften der Hersteller, damit wir (alle Imker) sowas nicht wieder erleben müssen.

Erlebnis 2: In der Nähe meines anderen Bienenstandes war ein großes Sonnenblumenfeld. Die Sonnenblumen waren in voller Blüte. Die Bienen befolgen diese Blüten. Ich musste aber feststellen, dass die Bienen vor ihrem Flugloch und im Magazin immer weniger wurden. Da konnte was nicht stimmen.

Beim Besuch im Sonnenblumenfeld stellte ich fest, dass auf jeder Blüte Bienen waren (eine bis acht Stück), jedoch fast bewegungslos. Beim Berühren fielen sie auf den Boden und starben. Ich ging dann in der Nacht wieder in das Feld und stellte mit der Taschenlampe fest, dass Bienen immer noch auf der Blüte waren. Die Bienenvölker waren so schwach geworden, weil sie ihre ganzen Flugbienen verloren haben. Grund war hier ein Beiz- oder Spritzmittel (Nervengift), welches die Bienen betäubt hat und sie deshalb sterben mussten.

Wir Imker hofften, dass sich dies in den nächsten Jahren ändern würde. Aber weit gefehlt! Unser Landwirtschaftsminister Christian Schmidt hat am 27. November 2017 in Brüssel zugestimmt, dass das Mittel Glyphosat für weitere fünf Jahre in Europa zugelassen wird. Der Einsatz dieses Herbizids ist in mehrerlei Hinsicht nicht zu tolerieren. So müssen wir also weitere fünf Jahre damit leben und kämpfen. Warum?

Wir wollen uns aber auch zusammen wieder mit unseren Bienen auf das kommende Frühjahr freuen, auf das Blühen der Krokusse, der Haselnuss und der Weide. Die Weide ist in der Frühjahrsentwicklung der Bienen so wichtig. Blühende Weiden erwecken im Bienenvolk neues Leben, ihr Nektar liefert reichlich Energie, der Blütenstaub bietet lebenswichtiges Eiweiß, um die junge Brut zu versorgen. Eine gute und reichliche Weidenblüte ist die Grundlage für starke Bienenvölker im Frühjahr, die nicht nur gesunden Honig eintragen sollen, sondern vor allem in die Obstbaumblüte, in die blühenden Beerensträucher und die gelben Rapsfelder fliegen sollen. Weiden sind also lebensnotwendig für die Bienenvölker im Frühjahr.

Deshalb meine Bitte: Denken wir alle daran, ob Land, Kommune, Forst, Bauern und wir alle im eigenen Garten. Wir brauchen die Weide! In den letzten Jahren wurden hier in der Region anscheinend unbedacht so viele Weiden vernichtet, dass es Jahre dauern wird, um wieder annähernd Ausgleich zu schaffen.

Auch hier in Höchstadt findet man nur noch wenige Weiden. Diese Bäume sind natürlicher Bestandteil im Bewuchs von Fluss-, Bachufern und Weihern. Sie festigen die Böschung, schützen den Boden bei Überschwemmung, bieten Lebensraum für viele Tiere, sie liefern den Bienen die erste wichtige Nahrung und haben eine landschaftsgestaltende Funktion. Deshalb verdienen sie unsere Aufmerksamkeit und unseren Schutz."

Zum Schluss richtet Ottmar Geier einen eindringlichen Appell an alle Bürger: "Wir wollen doch alle eine intakte, gesunde und schöne Natur. Dazu brauchen wir alle Insekten — und dazu gehören auch unsere Bienen!"

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