Besuch in Neumarkter Flüchtlingsunterkunft

29.8.2015, 06:00 Uhr
Besuch in Neumarkter Flüchtlingsunterkunft

© Foto: Edgar Pfrogner

Sicherheitsleute räumen die Bauzäune kurz beiseite und ein schwarzer Kleinbus fährt auf den Hof vor der ehemaligen Fabrikhalle der Firma Delphi. „Er holt Flüchtlinge ab, die auf Einrichtungen in ganz Deutschland verteilt werden“, sagt Tobias Beer, der Leiter der Erstaufnahme in der Delphi-Halle. Im Hof sitzen gut 40 weitere Menschen, die im Lauf des Tages ein neues Dach über dem Kopf bekommen.

Die Fluktuation hier ist sehr hoch, von den 200 Bewohnern verlassen 80 noch im Lauf des Tages Neumarkt, am Sonntag kommen dafür wieder Neuzugänge. In der Unterkunft sind derzeit hauptsächlich Syrer und Iraker, die den Bürgerkriegen in ihrer Heimat entkommen sind.

„Jeder Flüchtling, der hier ankommt, wird registriert und medizinisch untersucht. Normalerweise bleiben die Leute etwa zwei bis drei Wochen bei uns“, sagt Beer. Die weitere Verteilung regelt der sogenannte Königsteiner Schlüssel, nach dem jedes Bundesland gemäß seines Steueraufkommens und seiner Bevölkerung eine bestimmte Anzahl an Flüchtlingen aufnehmen muss.

Vom Flur, der zur Halle führt, gehen Räume ab: Toiletten, Lagerraum, Kleiderklammer. Am Eingang der großen Fertigungshalle, in der jetzt die Flüchtlinge wohnen, steht ein Tisch mit Kaffee- und Teekannen. Außerdem können hier Handys aufgeladen werden. Nasir aus dem Irak sitzt mit seinem Sohn an dem Tisch. Der 45-Jährige spricht ein bisschen Englisch. Er habe im Irak um sein Leben gefürchtet, sagt er, in Deutschland in Sicherheit zu sein mache ihn sehr glücklich.

Er zählt deutsche Sportler auf, die er kennt: „Michael Schumacher, Klaus Allofs, Pierre Littbarski“, und betont immer wieder, wie sehr er Deutschland mag. Sein Weg führte ihn mit Auto, Bus, Zug und zu Fuß unter anderem durch Griechenland, Mazedonien und Ungarn nach Deutschland. Es ist die übliche Route, über den Südosten nach Deutschland zu kommen, bestätigt Tobias Beer. Deshalb müsse auch meistens Bayern, zunächst vor allem die Passauer Polizei, die Flüchtlinge in Empfang nehmen. Syrer und Iraker beispielsweise bleiben dann teilweise in der Oberpfalz, während Afghanen und Pakistaner auf andere Gegenden verteilt werden.

Familien zusammenführen

Beer betont, dass die Bewohner der Delphi-Halle sehr leicht zufriedenzustellen sind. Besondere Wünsche, bei denen die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes erste Ansprechpartner sind, gibt es vor allem in Bezug auf Familienzusammenführung. Laut Beer gelingt es innerhalb Bayerns sehr gut, Väter und Söhne oder Brüder und Schwestern in gemeinsame Unterkünfte zu verlegen. Deutschlandweit sei das wegen der verschiedenen beteiligten Behörden schwieriger.

Die Halle selbst hat sich nicht stark verändert seit ihrer Eröffnung. Die Sterilität ist gewichen, hier und da findet sich Abfall am Boden, aber insgesamt ist sie recht sauber. Die Schlafstätten sind mit Planen voneinander getrennt, jedes Abteil hat eine „Tür“, also einen Stoffvorhang, der als Sichtschutz dient.

Bis zu 14 oder 15 Asylsuchende kommen in solchen Abteilen unter, allerdings sind die großen Parzellen für diejenigen, die nur eine oder wenige Nächte bleiben. Längerfristige Bewohner schlafen in Sechser- oder Achterabteilen, Familien und einzeln geflüchtete Frauen erhalten so ein kleines bisschen Privatsphäre.

Keine Gewalt

Gereinigt wird die Halle nicht nur von einer Firma, die regelmäßig putzt, sondern auch von den Flüchtlingen selbst, die zum Beispiel öfters den Hof oder die Halle kehren. Die Lüftung hat laut Beer auch während der unlängst drückend heißen Tage gut funktioniert. Der Unterkunftsleiter versicherte nochmals, dass darauf geachtet werde, die Lärmschutzvorschriften einzuhalten. Anwohner hatten sich kürzlich über die Lautstärke beschwert. Gewalttätige Konflikte hat es laut Beer trotz der Menge von Menschen auf engem Raum bisher weder hier noch in anderen Unterkünften der Oberpfalz gegeben.

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