25. Januar 1965: Richtwertkarte bestand Bewährungsprobe

25.1.2015, 07:00 Uhr
25. Januar 1965: Richtwertkarte bestand Bewährungsprobe

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In der Spanne von 23 Mark als unterster Preis für den Quadratmeter bis zu über 4000 Mark, die manchmal bezahlt würden, wenn der Besitzer nur verkaufen wollte, kann das nicht mehr vorkommen. Seit einem Jahr gibt es nämlich im Stadtvermessungsamt im Bauhof eine Grundstücks-Richtwertkarte, aus der jeder ernsthafte Kauflustige erfahren kann, welche Preise für Gelände in gleicher oder ähnlicher Lage angemessen sind. Lediglich an die Grundstücke in der Innenstadt, der „City“, werden ganz besondere Maßstäbe gelegt, wie Vermessungsdirektor Dr.-Ing. Walter Seele als Vorstand des Stadtvermessungsamtes berichtet. Hier kann es passieren, daß man nur um eine Straßenecke zu gehen braucht und schon auf einem Gelände steht, dessen Quadratmeter nicht mehr mit zweistelligen Summen zu bezahlen sind.

In der Königstraße, der Karolinenstraße und der Pfannenschmiedsgasse beispielsweise gibt es Grundstücke, für die man Meter für Meter bis zu 3000 Mark und mehr hinlegen müßte. Aber hier wird nur alle Jubeljahre ein Verkauf registriert. Wenn bei einem anderen Altstadtgrundstück jedoch die lange Straßenfront und die attraktive Nachbarschaft fehlen, kann der Boden schon für 200 Mark pro Quadratmeter erschwinglich sein. Auf die Frage nach den Durchschnittspreisen, die in den Nürnberger Stadtgrenzen bisher gezahlt wurden, gibt Dr. Seele bereitwillig Auskunft.

25. Januar 1965: Richtwertkarte bestand Bewährungsprobe

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Für Bauerwartungsland – also Grundstücke, die in unbestimmter Zeit in mäßiger Wohnlage 23 Mark (immer pro Quadratmeter), in mittlerer 35 und in bevorzugter Wohnlage 55 Mark. Die gleichen Wohnlagen kosten bei Rohbauland 28,43 und 65 Mark, bei baureifem Land außerhalb des Stadtbereichs 35, 55 und 80 Mark. Für Grundstücke in bevorzugter Wohnlage im Stadtbereich, die mehrgeschossig bebaut werden dürfen, klettert der Betrag auf 130 Mark.

Interessenten werden beraten

Als Gewerbeland ausgewiesenes „Bauerwartungsland“ kostet durchschnittlich 25 Mark. Rohbauland 32 Mark, baureifes Land außerhalb des Stadtbereichs 40 und im Stadtbereich 100 Mark. Industrieland verteuert sich im gleichen Maße von 42 über 50 und 60 Mark bis auf 120 Mark. Mit der Richtwertkarte wird verhindert, daß aus Unkenntnis überhöhte oder unangemessen niedrige Preise gezahlt werden. Ein Grundstücksinteressent kann außerdem vom Gutachterausschuß der Stadt Nürnberg, dessen Geschäftsstelle sich im Bauhof befindet, für wenig Geld ein Gutachten anfordern. Das erspart dem Baulustigen womöglich erhebliche Summen. Oft ist ihm nicht einmal der Unterschied zwischen Bauerwartungsland, Rohbauland und baureifem Land bekannt. Er erfährt, ob das betreffende Grundstück im Bebauungsplan als Wohnbau-, Gewerbe- oder Industrieland ausgewiesen ist, ob er einen Bungalow errichten darf oder ein dreistöckiges Wohnhaus bauen muß.

Von Grundstücksrichtwerten wurde bereits im Bundesbaugesetz gesprochen, das seit 1960 gilt. Ein Jahr später kam die Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken hinzu, während die Verordnung der bayerischen Landesregierung, eine Richtwertkarte aufzustellen, erst zum Jahresende 1963 verabschiedet wurde. Deswegen sind die Flächen im Stadtgebiet, für die Grundstücksrichtwerte ermittelt werden konnten, noch ein bißchen dünn gesät. Dieser Zustand bessert sich jedoch von Jahr zu Jahr. Alle Notare in Nürnberg sind verpflichtet, die Preise aus den Kaufverträgen, die sie beurkunden, der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses zu melden.

Ein Fachmann bei der Grundstücksbewertung wie Dr. Seele kann nur schmunzeln, wenn er liest, daß Leute für den Quadratmeter auf dem Platnersberg – 200 Mark bieten sollen. In Erlenstegen ist nach seinen Erfahrungen der Grundstückspreis für Villengelände nur selten über 100 Mark geklettert. „Niemand läuft Gefahr, zu einem unangemessen niedrigen Preis verkaufen zu müssen, andererseits ist heute auch keiner mehr unbilligen und wirtschaftlich nicht fundierten Forderungen ausgesetzt“, sagt Vermessungsdirektor Dr. Seele zu seinen Erfahrungen mit der Richtwertkarte. „Im Flächennutzungsplan ist noch genügend Bauland vorgesehen.“

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