Ab kommender Saison gibt's im Stadion Mehrwegbecher

16.3.2018, 05:52 Uhr
Ein Becherhaufen vor dem Eingang zur Nordkurve nach dem vergangenen Derby gegen Fürth: Die Stadt Nürnberg hat nun entschieden, dass Getränke im Stadion nur noch auch Mehrwegbechern ausgeschenkt werden dürfen.

© Alexander Pfaehler Ein Becherhaufen vor dem Eingang zur Nordkurve nach dem vergangenen Derby gegen Fürth: Die Stadt Nürnberg hat nun entschieden, dass Getränke im Stadion nur noch auch Mehrwegbechern ausgeschenkt werden dürfen.

Als Club-Fan und somit Tabellenzweiter hat Christian Vogel zurzeit, trotz zweier Niederlagen in Folge, meistens gute Laune, wenn er an Fußball denkt. Die vergeht ihm nur, wenn er nach Heimspielen des 1. FC Nürnberg zwischen die Sitzreihen in die Fanblöcke schaut. Denn dort, wo kurz zuvor noch ein Fahnenmeer wogte, ist ein Meer aus Plastik geblieben. Durch Tausende leere Einwegbecher.

Und nicht nur im Stadion stört Nürnbergs Bürgermeister - und in dieser Funktion Stadion-Chef - dieses Bild, sondern auch auf dem Max-Morlock-Platz vor dem Stadion oder zwischen den Eingängen zur Nordkurve und Haupttribüne und der gegenüberliegenden Arena. Überall: Plastik.

Seit Jahren ist dieses Bild Christian Vogel ein Dorn im Auge, mindestens so lange kämpft er dagegen an – und nun auch mit Erfolg. Denn ab der kommenden Saison wird im Max-Morlock-Stadion nur noch aus Mehrwegbehältern ausgeschenkt. Wie früher übrigens. Und das gilt künftig nicht nur für Heimspiele des 1. FC Nürnberg und alle anderen Fußballspiele, sondern auch für Konzerte und weitere Veranstaltungen.

Die Stadt Nürnberg geht damit als gutes Beispiel voran. Der Trend nämlich zeigt eher in die andere Richtung. Waren es 2010 noch zehn Zweitligisten, die auf Mehrweg setzten, sind es heute nur noch sieben, die aus mehrfach verwendbaren Behältern ausschenken. In der Bundesliga sind es heute acht statt elf. Einweg nutzen dabei mit Bayern München, Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 auch die drei Mannschaften, die aktuell die Zuschauertabelle (mit zusammen im Moment 2,75 Millionen Fans) anführen.

Das Ergebnis: Jährlich werden laut der Deutschen Umwelthilfe allein in der Ersten und Zweiten Fußball-Bundesliga zwölf Millionen Einwegbecher verbraucht. Da will Christian Vogel nicht mehr mitspielen - auch wenn in Nürnberg Einwegbecher aus Polymilchsäure verwendet werden, genauso wie bei der Spielvereinigung Greuther Fürth. Diese PLA-Becher sind zwar biologisch abbaubar, "aber keine wirklich umweltfreundliche Alternative zu wiederbefüllbaren Mehrwegbechern", so Vogel.

Laut Umwelthilfe ersetzt ein Mehrwegbehältnis 41 Einwegbecher. Auch deshalb ist Christian Vogel hartnäckig geblieben und hat sich nun mit dem Hauptmieter des Stadions, dem 1. FC Nürnberg, geeinigt. Obwohl dessen kaufmännischer Vorstand Michael Meeske schon deutlich macht, "dass wir ja keine Wahl hatten". Grundsätzlich aber sei "die Entscheidung für die Einführung eines Mehrwegbechersystems ab der Spielzeit 2018/19 für uns nachvollziehbar und aus ökologischer und ökonomischer Sicht zu begrüßen".

Stadt will unterstützen

Der Club sagt aber auch: "Inwiefern das Mehrwegbechersystem ein Sicherheitsrisiko darstellt, wird zu beobachten sein." Christian Vogel kennt die Bedenken, die der Club in Sachen Mehrweg-Einführung hatte. Etwa der gastronomische Betrieb, der auf die Becher, die ja gespült werden müssen, umgestellt werden muss. Da will die Stadt als Stadionbesitzer und aktuell auch Betreiber unterstützen, verspricht Vogel. Denn es wird eine Spülstraße installiert werden müssen.

Eine solche Spülstraße und andere logistische Probleme, die die Mehrwegbecher mit sich bringen, sind übrigens der Grund, aus dem man bei der SpVgg Greuther Fürth heute schon sagen kann, dass man dem guten Beispiel aus der Nachbarstadt nicht so bald wird folgen können. "Wir prüfen das immer wieder, aber da haben wir einfach ein Standortproblem, oder anders gesagt: zu wenig Platz", sagt Immanuel Kästlen, der Pressesprecher der Spielvereinigung. "Wir müssten die Becher zum Spülen wegfahren, das ist dann hinsichtlich des Umweltgedankens auch wieder bedenklich. Aber wir prüfen weiterhin verschiedene Alternativen", heißt es aus der Kleeblattstadt.

Den Club beschäftigt momentan noch die Frage, ob die schwereren Mehrwegbecher tatsächlich als gefährliche Wurfgeschosse eingesetzt werden könnten. Für Christian Vogel ist klar: "Es wird leider nie eine hundertprozentige Sicherheit geben. Aber ich bin mir sicher, der Club und seine Fans sind sich ihrer Verantwortung da durchaus bewusst." Denn die Argumente für das Mehrwegsystem sind zu gut. Das spare Ressourcen, zählt Vogel auf, und schütze das Klima, weil Mehrwegbecher über ihre gesamte "Lebensdauer" deutlich weniger CO2-Emissionen verursachen als Einwegbecher - auch als die biologisch abbaubare Variante.

Ganz zu schweigen vom Abfall, der so vermieden werden kann - und den Vogel sonst sogar noch auf dem Weg zum Stadion oder in den öffentlichen Verkehrsmitteln beobachtet. Die Fans wiederum müssen sich auf ein Pfandsystem einstellen. Heißt: Nach dem Spiel werden die Becher wieder gegen Geld eingetauscht - oder auch nicht. "Es wird zentrale Rückgabestationen geben", sagt Christian Vogel, "aber man kann die Becher ja auch so attraktiv gestalten, dass man sie ab und zu mit nach Hause nehmen mag", so der Zweite Bürgermeister.

Findet auch der 1. FCN. "Derzeit erarbeiten wir ein Konzept zur Umsetzung, das sicherlich auch einen Mehrwert für unsere Fans bieten kann, beispielsweise durch die Einführung einer Fan-Edition." Wichtiger als schicke Becher wird den Club-Anhängern jedoch etwas anderes sein: Dass Nürnberg mit seinem Mehrweg-Comeback nicht die Einwegbecher-Quote in der Zweiten Bundesliga drückt - sondern die in der Ersten. Beim Bundesliga-Comeback.

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