Problemfall Aufseßplatz: Trinkgelage sorgen für Ärger

3.12.2014, 11:30 Uhr
Der Aufseßplatz im Herzen der Südstadt.

© Michael Matejka Der Aufseßplatz im Herzen der Südstadt.

"Wie lange will die Stadt hier noch zusehen", fragen sich beispielsweise Hannelore und Werner K. (Namen von der Red. geändert), die von ihrer Wohnung aus den ganzen Aufseßplatz im Blick haben. Sie berichten von Trinkergruppen, die sich regelmäßig hier treffen, von Alkoholauswüchsen, Pöbeleien und anderen Belästigungen. Sie berichten von den Einsätzen von Sanitätern, die Betrunkene, die nicht stehen oder gehen können, abtransportieren müssen und sie berichten von einem ersten Alkohol-Toten, den man auf der öffentlichen Toilette am U-Bahnausgang Anfang November gefunden hatte.

Besonders schlimm sei die Situation unmittelbar vor einem kleinen Supermarkt, in dem sich die Betroffenen mit billigem Alkohol versorgen, den sie dann auf den Bänken unmittelbar davor "grölend" konsumieren.

Wie viele andere Anwohner fühlt sich das Ehepaar von Polizei und städtischen Behörden im Stich gelassen. Polizisten, die hier zur Kontrolle vorfahren, müssten sich mit vollen Bierflaschen zuprosten lassen. Zumeist würden die Ordnungshüter unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Wie lange noch?

In einem Schreiben an das städtische Ordnungsamt klagen die Anlieger: "Die bei den Trinkern kreisenden Bierflaschen sind ein wunderbares Vorbild für unsere Kinder. Der offizielle Spielplatz ist nur ein paar Meter entfernt. Wie lange will die Stadt diesem Treiben noch zuschauen?"

Bereits im vergangenen Jahr war Anliegern am Aufseßplatz angesichts der Zustände dort der Kragen geplatzt. Auch solche, die sich für soziale Belange eingesetzt hatten, berichteten, dass sogar in ihre Hausflure uriniert werde. Überall lägen zerbrochene Flaschen, man habe ständig das Gefühl, die lautstarken Gelage der "Alkis" könnten in Gewalt umschlagen. Die Trinker-Gruppe hätte sich den vor Jahren mit viel Geld neu gestalteten Platz wohl zu ihrem Wohnzimmer gemacht.

Die damals schon eingeschaltete Stadt kündigte Konsequenzen an. Man werde besonders auffälligen Personen ein Betretungsverbot erteilen, hieß es aus dem Ordnungsamt. Mit dem Supermarkt sei vereinbart, dass kein Alkohol mehr an die betroffenen Personen verkauft werde. Das bringe nichts, denn wer sich hier ein Bier oder Ähnliches besorgen will, könne das ohne Probleme weiter tun, berichten Anlieger heute.

Die Statistik der Polizei hört sich ernüchternd an. Seit Mai hätten die Beamten 360 Einsätze am Aufseßplatz gehabt, 51 davon hätten direkt mit der Trinker-Szene zu tun gehabt, der Rest mit Randerscheinungen wie Sachbeschädigungen, Körperverletzungen, Ruhestörung oder Schmierereien. Den von den Anwohnern angesprochenen Todesfall könne man ebenfalls bestätigen. Ein Wohnungsloser sei auf der Toilette von Sör-Mitarbeitern tot aufgefunden worden. Fremdverschulden habe man aber ausschließen können, so ein Polizeisprecher auf Nachfrage.

Fast zwei Einsätze pro Tag, damit gehöre der Aufseßplatz zu den Orten in den Stadt, zu dem die Streifen am häufigsten gerufen werden. Ein trauriger Spitzenreiter in den Statistiken der Polizei.

Untragbares Verhalten

In einem Brief des Ordnungsamtes an die Anwohner spricht Amtsleiter Robert Pollack selbst von einem „untragbaren Verhalten“ der Trinkergruppe, das der Verwaltung nicht entgangen sei. Obwohl es hier auf dem Aufseßplatz wie in Fußgängerzonen außerhalb der Altstadt verboten ist, sich in der Öffentlichkeit zu betrinken, hätten Kontrollen, Platzverweise oder Bußgelder bisher nicht den gewünschten Erfolg gehabt. Auch der Plan, im Supermarkt keinen Alkohol mehr an die Mitglieder der Gruppe zu verkaufen, habe sich nicht umsetzen lassen. Das sei den Mitarbeitern nicht zumutbar und somit in der Praxis nicht umsetzbar gewesen.

Oberbürgermeister Ulrich Maly nimmt sein Ordnungsamt in Schutz. Alkoholkonsum im öffentlichen Raum sei ein gesellschaftliches Problem, dem mit hoheitlichen Maßnahmen allein nicht begegnet werden könne, schreibt er den Anwohnern. Regelmäßige Appelle an die Betroffenen durch Mitarbeiter der Wärmestube oder Stadtwacht seien weitestgehend ungehört geblieben.

Den Vorschlag der Anlieger, zumindest die Bänke abzubauen, auf denen die Alkohol-Partys gefeiert werden und der Trinker-Szene damit die Sitzgelegenheiten zu entziehen, hält Maly aus zwei Gründen für unrealistisch. Einerseits würde die Gruppe dann einfach weiterziehen und dort für Ärger sorgen. Zweitens dürfe man die Bänke schon aus rechtlichen Gründen nicht abbauen. Sie sind Bestandteil der Neuplanungen am Aufseßplatz, die mit öffentlichen Geldern gefördert wurden. Diese Zuschüsse müsse die Stadt zurückzahlen, wenn sie jetzt Änderungen vornehme, so Maly.

Wir haben uns am Aufseßplatz mal umgehört und Anwohner und Passanten nach ihrer Meinung gefragt. Das Ergebnis sehen Sie hier:

Dieser Artikel wurde am 3. Dezember um 11.30 Uhr aktualisiert.

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