Prügelnde Lehrerin: Angeklagte sieht sich selbst als Opfer

20.7.2014, 06:00 Uhr
Mädchen durften nicht auf die Toilette, es wurde geprügelt: Derzeit muss sich eine Lehrerin der Grundschule am Herschelplatz vor Gericht verantworten.

© Harald Sippel Mädchen durften nicht auf die Toilette, es wurde geprügelt: Derzeit muss sich eine Lehrerin der Grundschule am Herschelplatz vor Gericht verantworten.

Sieglinde H. (Name geändert) geht gut vorbereitet in den vierten Prozesstag am Amtsgericht Nürnberg-Fürth. Als sie der Vorsitzende Richter Marc Dereser nach ihrem Einkommen fragt, bietet ihm die adrett gekleidete Frau einen DIN-A-4-Umschlag mit allen Abrechnungen an. Doch der Jurist winkt ab; ihm genügt als Angabe das monatliche Nettoeinkommen von 3100 Euro.

Gut ausgearbeitet ist der 15-minütige Vortrag, den die Angeklagte frei und mit wohlgesetzten Pausen hält, nachdem in den vergangenen Tagen sämtliche 31 Zeugen gehört worden sind. Sie hatten ein Klima der Angst im Unterricht von H. geschildert. Unter den Zeugen waren aber auch ehemalige Schüler, die mit der Lehrerin keine Probleme hatten. Sie beschrieben Sieglinde H. als streng, das Verhältnis zu ihr sei „normal“ gewesen.

Die 56-Jährige sagte vor dem Gericht, sie verstehe sich weniger als Wissensvermittlerin denn als Coach für einen guten Start ins Leben. Es liege ihr fern, die Kinder in irgendeiner Form zu bestrafen. „Als Hauptpunkt ist mir immer sehr wichtig, dass Ruhe im Klassenzimmer herrscht“, resümierte die inzwischen vom Dienst suspendierte Frau. „Nur in dieser Ruhe können wir arbeiten.“

An Stille sei an jenem Julitag 2010, an dem ihr die Anklage sechs Fälle von Körperverletzung vorwirft, aber nicht zu denken gewesen. Drei, vier Schüler seien zu Beginn der Stunde im Klassenzimmer herumgelaufen, hätten auf ihre Ermahnung hin nur kurz pausiert, um dann wieder aufzustehen und andere mitzureißen.

In diesem „Tumult“ habe sie wohl jene Schülerin überhört, die darum bat, austreten zu dürfen, und dann einnässte, mutmaßte die Pädagogin und konstatierte: „Das hat sich alles sehr schnell abgespielt, schneller, als man denken konnte.“ Als die Klasse später zur Tür drängte, habe sie vor allem ihre Aufsichtspflicht im Kopf gehabt, schilderte die Angeklagte. Ihr Verhältnis zur Schulleitung sei angespannt gewesen. Trotz eingehender Reflexion der Vorfälle sei sie sich keiner Schuld bewusst. Am Dienstag soll das Urteil fallen.

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