Sieben Generationen am Herd

29.8.2012, 00:00 Uhr
Sieben Generationen am Herd

© Michael Matejka

Wenn es in der Küche richtig brennt, wenn es knallt und alle Hände gebraucht werden, dann ist Stefan Rottner ganz in seinem Element. Seit 1985 führt er zusammen mit seiner Frau Claudia das schöne Fachwerk-Gasthaus im dörflichen Großreuth. Aufhören will er noch lange nicht. Aber die Nachfolge scheint geregelt.

„Ich habe keine Angst davor, das Haus an die Kinder abzugeben“, sagt der 54-Jährige. Die „Kinder“, Valentin (23) und Lisa (25), lächeln milde. Ja, vorstellen kann sich der Sohn das schon mit dem Gasthaus. Er hat seine Kochlehre in „Herrmanns Romantik Posthotel“ gemacht, weiter ging es über Sylt („Dorint Söl’ring Hof“ und „Hotel Fährhaus“) und das „Landhaus Spatzenhof“ in Wermelskirchen. Derzeit kocht Valentin Rottner im „Schlosshotel Lerbach“ bei Nils Henkel in Bergisch Gladbach.

Junior und Senior in der Küche

Vor kurzem stand der Junior mit dem Senior erstmalig am heimischen Herd und hatte für einen Abend die Chefmütze auf. „Geschmacksverstärker“ hieß die Veranstaltung, die Tochter Lisa zusammen mit ihrem Freund Patrick Jahn, Valentin und dessen Freundin Jana Schwarz organisiert hatte. 200 Gäste kamen, speisten ein Valentin-Rottner-Zehn-Gänge-Menü und waren hellauf begeistert.

„Das war wirklich ein toller Erfolg“, ist sich die ganze Familie einig. Feuertaufe bestanden? Lisa zuckt die Schultern. „Ich weiß es noch nicht. Jetzt muss ich erst einmal mein Marketing-Studium fertig machen, dann sehe ich weiter.“ Irgendwie sei es ja auch wichtig, ferne Länder zu sehen, bevor man wieder nach Hause kommt.

Nach Hause. Das ist beiden Kindern wichtig. „Wir sind hier aufgewachsen, die Küche war unser Wohnzimmer. Wir konnten von allem probieren, was da so gekocht wurde!“, erzählt Valentin Rottner Das hat den guten Geschmack geschärft, das wollen die beiden auch ihrer Generation weitergeben. „Ich bin oft erschrocken, was die Leute so im Supermarkt einkaufen. Schlimm ist das“, meint Lisa.

Den eigenen Stil entwickeln

Auch Valentin zieht es noch nicht nach Hause. „Klar, man weiß nie, was passiert. Aber ein paar Jahre wäre ich gerne noch unterwegs.“ Außerdem sei da auch der eigene Kochstil, den müsse er noch entwickeln. Was würde der Junior verändern, wenn er mal der Chef über den Herd ist? Renovieren, neue Designermöbel hinein ins alte Haus? Valentin verdreht die Augen. „Niemals! Ich finde es wunderbar, so wie es ist. Die Lage ist gut, die fränkische Küche hat Zukunft.“

Und die Schwester ergänzt: „Da steckt wahnsinnig viel Liebe drin, von der Mama, der Oma und dem Opa.“ Froh ist sie, dass der Valentin sich vorstellen kann, in achter Generation zu übernehmen. „Wenn er es nicht gewollt hätte, dann hätte ich es gemacht. So ein Haus darf man nicht aufgeben!“

Stefan und Claudia Rottner haben das gemütliche Gasthaus vorsichtig zu einem gehobenen Romantikhotel umgebaut — und am Erfolg weitergearbeitet, für den bereits Konrad und Irma Rottner in den 70er und 80er Jahren den Grundstein legten. Sie erweiterten die Gaststätte in den 60er Jahren, Höhepunkt war der Hotelbau, der im Oktober 1998 eröffnet wurde.

Mit Stefan Rottner zog die Gourmet-Küche ein. „Ich hab’ es genossen, im Gasthaus aufzuwachsen“, sagt er. Aus dem Bauch heraus sei die Entscheidung gekommen, Koch zu werden. Die vier Geschwister entschieden sich für andere Berufe, bis auf den Ältesten, Hubert Rottner-Defet, der „große Bruder“. „Ich nenne ihn so, weil ich ihn aufrichtig bewundere“, sagt Stefan Rottner. Hubert Rottner-Defet, Erfinder der Messe BioFach, ist der Mann, der „Bio“ nach Nürnberg gebracht hat.

Eine große Familie also, zu der auch der Kunstsammler Hansfried Defet und dessen verstorbene Frau Marianne, Schwester von Konrad Rottner, gehören. Gab es da nie Streit, wenn mehrere Generationen in derselben Suppe rühren? „Freilich“, sagt Rottner, „aber immer zum Wohle des Gasthauses.“ Seine Frau Claudia, eine ausgebildete Sommelière, wollte auch italienischen Wein auf die Karte nehmen, nicht nur Frankenweine. „Das war Arbeit, meinen Vater davon zu überzeugen“, die zugunsten der Schwiegertochter ausging.

Leben in der Gegenwart

Die Rottners wollen ihr Gasthaus erhalten. Mit fränkischer Küche, aber auch Ausflügen in die Kochkunst anderer Länder. Die Familie lebt in der Gegenwart, das „Gasthaus Rottner“ findet man auch auf „Facebook“. Und wenn die siebte Generation Rottner dann doch in den Ruhestand wechselt, bleibt viel Zeit für die zahlreichen Hobbys des Spitzenkochs: Fußballspielen, Laufen und anderen Leuten das Kochen beibringen.

Zum 200. Jubiläum finden im „Gasthaus Rottner“ etliche Veranstaltungen statt. Infos unter www.rottner-hotel.de.

Mehr Informationen über das Gasthaus Rottner in unserer Rubrik Essen und Trinken!
 

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