Stress durch Lärm: Leistungen sinken an Schulen und Kitas

18.1.2019, 05:56 Uhr
Stress durch Lärm: Leistungen sinken an Schulen und Kitas

© Achim Scheidemann/dpa

Wenn der Lärmpegel innerhalb des Klassenzimmers dauerhaft zu hoch ist, hat das Konsequenzen. Die Belastung führt zu einem erhöhten Blutdruck, der Körper schüttet vermehrt das Stresshormon Adrenalin aus, wie Nicolas Rohleder, Leiter des Lehrstuhls für Gesundheitspsychologie an der Uni Erlangen-Nürnberg, erklärt. Kognitive Fähigkeiten wie das Leseverständnis werden beeinträchtigt, Konzentration und Aufmerksamkeit gehen verloren, die Kommunikation wird gestört. Kurzum: Die schulischen Leistungen lassen nach.

Den Lärmschutz in Schulen zu erhöhen, ist allerdings eine äußerst komplexe Angelegenheit, wie das Amt für Berufliche Schulen in einer Stellungnahme auf Anfrage der Grünen erklärt.

Um die Lärmbelastung zu reduzieren, gilt es eine Reihe von Einflussfaktoren zu beachten. Das beginnt schon vor der Schule mit den Fragen, wo der Verkehr verläuft und welche Tempolimits möglich sind. Nicht selten steht der Denkmalschutz im Weg, wenn Altbauten saniert werden soll. 

Ein anderes Hindernis ist der Brandschutz. Um eine sichere Evakuierung zu ermöglichen, dürfen keine Jacken mehr auf den Gängen aufgehängt werden. Auch Bilder und Bastelarbeiten sind auf Fluren tabu. Den Lärm auf den Gängen hält Klemens Gsell immerhin für weniger problematisch, weil dort keine Dauerbeschallung stattfindet. Der Schulbürgermeister erinnert sich noch gut an seine Schulzeit. Manche Vorhänge seien die reinsten Mottenfänger gewesen, haben dafür aber wenigstens den Schall abgefangen.

Dämmungen sind eine Kostenfrage

Doch je weniger Mobiliar in den Räumen ist und je höher die Decken gerade in den Altbauten sind, umso lauter kann es dort werden. "Denken Sie nur an die Egidienkirche", sagt Architekt Michael Stößlein, der viel Erfahrung mit Schulhausbauten hat. "Dort hallt es so sehr, dass man sein eigenes Wort kaum verstehen kann." Die Böden, Decken und Wände der Schulen mit lärmschluckenden Materialien auszustatten, sei auch eine Kostenfrage. Wie viel der Bauträger zu zahlen bereit ist, hänge vom Einzelfall ab. Generell werde aber so gebaut, dass man später nachjustieren kann.

Abgesehen von baulichen Vorgaben wäre es für Ruth Brenner am besten, die Klassenstärke zu reduzieren, wenn man weniger Lärm in Klassenzimmern erreichen will, erklärt die Geschäftsführerin der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) Mittelfranken.


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Das Thema Lärm an Schulen und Kitas komme jedoch viel zu kurz. "Da wird in jedem Betrieb mehr darauf geachtet", klagt Brenner. So gibt es für ganz Bayern gerade einmal zwei halbe Stellen, die sich mit dem Thema arbeitssicherheitstechnischer Arbeitsschutz an Schulen beschäftigen, unter das auch Lärm fällt.

Zu den pädagogischen Konzepten, die Lärm vermindern sollen, zählt die in Grundschulen und Kitas beliebte Lärmampel. Das Gesundheitsamt verleiht sie auf Anfrage. Sie misst, wie laut es gerade ist und wann es zu viel wird.

Gehör in Gefahr

Es mag vorkommen, dass die Kinder zunächst einmal mit Geschrei austesten, was nötig ist, um die Ampel auf Rot springen zu lassen, räumt Brigitta Rabenstein ein. Generell hält die Sozialpädagogin vom Gesundheitsamt die Ampel aber für ein geeignetes Mittel, um Kinder zu sensibilisieren. "Natürlich ist die Lärmampel auch ein Gag", sagt Rabenstein. "Sie ist nur sinnvoll, wenn man auch andere Materialien verwendet."

In der Schule steigt der Lärmpegel bis auf 95 Dezibel an. Bei dauerhafter Beschallung können Gehörschäden schon ab 80 Dezibel auftreten, bei 120 Dezibel reicht dafür schon eine kurze Phase des Lärms.


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