Wechsel an der Spitze des Bardentreffens in Nürnberg

2.1.2015, 19:48 Uhr
Wechsel an der Spitze des Bardentreffens in Nürnberg

© Foto: Roland Fengler

Herr Pirzkall, Herr Fischer, Sie haben sich zweieinhalb Jahre auf die Übergabe vorbereitet und in dieser Zeit eng zusammengearbeitet. Wie sind Sie miteinander klargekommen?

Charly Fischer: Na ja, es ist schon ein bisschen schwierig, wenn jemand mit wenig Erfahrung neu dazukommt . . . Da ging’s dann erst mal ums Sondieren und um allgemeine persönliche Vorstellungen.

Rainer Pirzkall: Ja, das erste halbe Jahr war schon knackig. Da mussten wir uns erst aufeinander eingrooven. Aber es funktionierte, weil mir bald klar war, dass ich dem Charly nichts erklären muss. Ich habe ihn bald als Lehrmeister oder Mentor gesehen. Aber es hat gedauert. Charly ist eben ein Silberrücken eigensinniger Natur. Außerdem: Es ist sicher nicht leicht, sein „Baby“, was das Bardentreffen ja für ihn ist, abzugeben. Völlig klar. Aber Charly hat die Sache gut übergeben, ohne einen zu überfordern. Das war didaktisch wertvoll.

Fischer: Ich finde, im Lauf der Zeit sind wir ziemlich eng zusammengewachsen.

Herr Fischer, was hat Ihnen am jungen Kollegen gefallen?

Fischer: Er ist einfach heiß auf Musik. Das ist das Wesentliche für den Job. Man muss neugierig sein, sich umhören. Wir waren auf Musikmessen, wo bei den Agenturen ja auch oft gerade ein Generationswechsel stattfindet. Man hat sich beschnuppert, und mittlerweile macht Rainer den Job richtig gut. Er findet seinen Stil.

Was schätzen Sie an Ihrem Vorgänger, Herr Pirzkall?

Pirzkall: Charly ist die Coolness in Person. Es gibt kaum eine Situation, in der er nicht gelassen bleibt. Ich bin da nicht ganz so gechilled. Wahrscheinlich ist das eine Altersfrage. Aber diese Gelassenheit nehme ich mir schon als Vorbild.

Herr Fischer, spätestens seit Anfang der 90er hat das Bardentreffen Ihren Jahresablauf bestimmt. Nehmen Sie sich jetzt endlich mal Ende Juli/Anfang August Urlaub?

Fischer: Sicher wird das eine Umstellung, allein schon, weil man keine fest getakteten Zeiten mehr hat. Außerdem steckt man da auch gefühlsmäßig sehr stark mit drin. Es gibt ja Menschen, die sich nach dem Berufsausstieg gar nicht mehr für die Sache interessieren. Das wird bei mir nicht der Fall sein. Mich interessiert es, ich finde es spannend, wie’s weitergeht. Ich werd’ ganz entspannt vorkommen und zuschauen, wie die anderen sich abkämpfen (lacht).

Was hat sich am Festival in Ihrer Zeit am grundlegendsten geändert?

Fischer: 1976 am Tiergärtnertorplatz hatten wir einen Etat von 2000 Mark. Heute bewegen wir uns bei rund 370.000 Euro. Einschneidend war auch das Rausgehen aus dem Umzug vom Burggraben auf den Hauptmarkt. Und die im Lauf der Zeit neu eröffneten Spielstätten, der Sebalder Platz zum Beispiel oder der Kulturgarten. Zudem hat sich das Bardentreffen vom alternativen Festival zum ordentlichen Weltmusik-Open-Air entwickelt und etabliert, das sich an anderen großen Festivals misst und mit ihnen mithalten kann. Und vor allem hat sich diese Art von Musik so weit etabliert und auch in viele Stile differenziert, dass man damit eine ordentliche Besucherzahl generieren kann. Kurz: Die Barden-Welt ist bunter geworden. Wir haben da einen Weg geöffnet — heraus aus diesem sozialpädagogischen Liedermacher-Jammertal der ersten Jahre.

Welche Bedeutung hat das Bardentreffen heute für die Stadt?

Pirzkall: Das ist wie beim Kölner Karneval — eine fünfte Jahreszeit. Wenn das Wetter passt, ist das ein Hammer-Festival. Das zu beschreiben fällt schwer, ohne eine Gänsehaut zu bekommen, man hat immer das Gefühl, Nürnberg ist gerade der Nabel der Welt.

Fischer: Ja, es ändert sich auch das Flair der Stadt, das manchmal Dröge wechselt zum Freudigen. Das Feedback der Musiker und Agenturen ist entsprechend außergewöhnlich.

Sie zählen regelmäßig 200.000 Besucher. Woran liegt’s, dass die sich immer friedlich verhalten?

Fischer: Dadurch, dass es keinen Eintritt kostet, sind die Besucher entspannter, wenn sie an einem vollen Spielort abgewiesen werden. Man geht eben woanders hin. Das ist das psychologische Moment. Ich denke auch, dass wir ein musikorientiertes Publikum haben, das nicht unbedingt auf Events aus ist. Dass in den letzten 30 Jahren nie etwas wirklich Schlimmes passiert ist, ist für ein Festival dieser Größenordnung trotzdem erstaunlich. Da mache ich drei Kreuze.

Pirzkall: Es ist eben ein Festival für alle, man trifft Freunde und alte Bekannte. Und: Die Musik, die wir anbieten, birgt kein Aggressionspotenzial. Sollte es wirklich einmal gefährlich werden, gibt es überall genügend Fluchtwege.

Wie wichtig ist es, Sponsoren mit ins Boot zu nehmen?

Pirzkall: Das ist eine der wichtigsten Säulen der Finanzierung. Der städtische Etat ist nicht sonderlich hoch. Da sind wir angehalten, weitere Mittel zu generieren. Unser Hauptsponsor ist die Sparda Bank, wir sind da in der glücklichen Situation, dass uns niemand reinreden will.

Stichpunkt Generationswechsel: Herr Pirzkall, gibt es etwas, das Sie beim Bardentreffen ändern werden?

Pirzkall: Da halte ich es mit dem Spruch Never change a running system. Ich denke, es muss sich radikal nichts ändern, es ist wichtig, dass man bei der Kernstilistik bleibt. Das Bardentreffen ist ein Liedermacher-Festival. Wenn sich etwas verändert, sind’s die kleinen Stellschrauben, an denen man drehen kann. Vielleicht in Sachen Öffentlichkeitsarbeit. Sicher spielt immer auch die musikalische Sozialisierung des Programmleiters rein. Bei Charly war’s Folk und Blues, ich komme eher aus der Black Music und dem Jazz. Aber Liedermacher, Singer/Songwriter und Weltmusik werden die Hauptthemen bleiben. Eventuell wird es Künstler-Gespräche geben oder vielleicht Workshops. Das ist wieder eine Geldfrage.

Und der Name bleibt?

Pirzkall: Ich bin begeistert von dem Namen! Ausdrücklich! Weil er so eigenständig wie kein anderer Festival-Name ist. Er sagt alles aus, was das Festival ist. Für internationale Agenturen ist der Untertitel „World — Musik — Festival“ sicher hilfreich.

Herr Fischer, melden Sie sich definitiv ab? Oder sind Sie für Notfälle telefonisch zu erreichen?

Fischer: Ich bin nicht aus der Welt! Und nachdem wir 2015 „40 Jahre Bardentreffen“ als Schwerpunkt haben, kann ich da sicher auch etwas dazu beitragen.

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