Politischer Aschermittwoch: SPD feiert Schulz

1.3.2017, 12:18 Uhr
Generalsekretärin der Bayern-SPD Natascha Kohnen, SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und der Bürgermeister von Vilshofen, Florian Gams (re.) beim Politischen Aschermittwoch in Vilshofen.

© dpa Generalsekretärin der Bayern-SPD Natascha Kohnen, SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und der Bürgermeister von Vilshofen, Florian Gams (re.) beim Politischen Aschermittwoch in Vilshofen.

Politischer Aschermittwoch live: "Bayern zuerst!"

Die Steilvorlage der CSU lässt sich hier im Festzelt kein Sozialdemokrat entgehen. "Gefühlt 10 000 Leute" würden beim Politischen Aschermittwoch der Christsozialen in Passau sein, hatte CSU-Generalsekretär seit Tagen erklärt.

Tatsächlich aber passen in die Dreiländerhalle nur 4100 Leute, dann ist wegen des Brandschutzes Schluss. Im Zelt der SPD in Vilshofen aber haben sich 5000 versammelt, 42 Busse haben Sozialdemokraten aus der ganzen Republik angefahren und der Landesvorsitzende Florian Pronold weißt genüßlich darauf hin, dass die CSU damit jetzt endlich wisse, was eine Obergrenze bedeutet.

Und der Einmarsch der Redner mit dem österreichischen Kanzler Christian Kern und dem neuen SPD-Hoffnungsträger und designierten Kanzlerkandidaten Martin Schulz wird zu einem Triumphzug, wie man ihn in Vilshofen selten gesehen hat. Im letzten Jahr fiel die Veranstaltung aus Rücksicht auf die Opfer des Zugunglücks in Bad Aibling aus.

Auch Gabriel wurde bejubelt

2015 war Wirtschaftsminister und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel der Hauptredner. Auch er wurde begeistert begrüßt, seine Angriffe auf CSU-Chef Horst Seehofer bejubelt und beklatscht. Aber die Zeit war eine andere. Die SPD hatte in der Großen Koalition mit Mindestlohn und Rente mit 63 Akzente gesetzt, litt aber unter Mitgliederschwund und dümpelte in den Umfragen bei 23 Prozent herum, meilenweit von der Union entfernt.

Heute feiert die SPD allein in Bayern 1000 neue Mitglieder, seitdem Gabriel am 24. Januar den Weg für Martin Schulz frei gemacht hat. Deutschlandweit haben sich über 6500 Menschen seither allein Online um ein Parteibuch der SPD bemüht, dazu kommen diejenigen, die direkt bei den Landesverbänden anklopfen.

Martin Schulz weiß das alles und reitet die Welle. In seiner Rede präsentiert er sich als Mann an der Spitze der SPD, der kritisiert, dass seine Partei in den letzten Jahren zu wenig auf die Sorgen der normalen Bürger geachtet hat. Und der verspricht, das ändern zu wollen. Er konzentriert sich auf die klassischen sozialdemokratischen Themen, auf Bildung, Soziale Gerechtigkeit, zeichnet sich selber als jemanden, der aus kleinen Verhältnissen stammt und Kommunalpolitik von "der Pike auf" gelernt hat.

Mehr Würselen, weniger Brüssel. Eigentlich ist das alles nichts neues, schon gar nicht die Themen. Sie wurden von Sozialdemokraten so oder ähnlich schon oft bespielt, vor allem auch auf dem politischen Aschermittwoch. Aber Schulz wird für jedes Wort bejubelt. Am Ende bekommt er fünfminütigen, stehenden Applaus.

Wer in Vilshofen nach Erklärungen für diese Aufbruchstimmung sucht, bekommt ähnliches zu hören. Jürgen Wechsler, Bezirksleiter der IG-Metall in Bayern, ist zum ersten Mal überhaupt nach Vilshofen gekommen, wie viele andere Sozialdemokraten an diesem Tag auch. Schulz ist in seinen Augen vor allem ein neues Gesicht, noch unverbraucht und noch nicht aufgerieben durch eine große Koalition. "Außerdem wirkt er sehr authentisch".

"Aufbruchstimmung tut gut"

Vor allem aber habe er gleich zu Beginn die richtigen Akzente gesetzt. Die Sehnsucht nach einem Mann an der Spitze, der die Agenda 2010 zumindest auf den Prüfstand bringen will, "war groß." Was unter dem Strich zähle, so Wechsler, sei aber, die Aufbruchstimmung, die der Partei, der Demokratie und ganz Deutschland gut tue.

So sieht es auch Michael Baumgartner, Ortsvorsitzender der SPD in Auerbach bei Deggendorf.

Viele, die sich als "Menschen zweiter Klasse" und von der Politik nicht beachtet gefühlt haben, sehen in Schulz wieder eine wählbare Alternative, auch zu den Lautsprechern von der AfD. "Das tut gut". Und auch im Nachbarland Österreich ist man neugierig auf den neuen Mann an der SPD-Spitze. Herbert Krenn aus dem Mühlviertel unweit der Grenze ist seit 1979 Mitglied bei der österreichischen SPÖ.

Die Aufbruchstimmung der deutschen Sozialdemokraten wird im Nachbarland fast sehnsüchtig beobachtet, meint er. Und ja, davon erhoffe sich auch die SPÖ einen Aufschwung. Den habe seine Partei mindestens genau so dringend nötig wie die SPD. Wie die Wahl in Deutschland dann am Ende ausgeht und wer am Ende den Kanzler stellt, sei vielleicht gar nicht so wichtig. "Hauptsache die SPD bleibt dauerhaft über 30 Prozent" und den Rechten "geht die Luft aus", meint Krenn.

Verwandte Themen


2 Kommentare