„Das Herz ist nicht nur eine Pumpe: Es spürt die Seele“

18.11.2011, 08:11 Uhr
„Das Herz ist nicht nur eine Pumpe: Es spürt die Seele“

© Unterburger

Jürgen Rohmer, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Mittelfranken-Süd, freute sich, dass über 580 Zuhörer zum traditionellen „S-Gespräch“ in den Markgrafensaal gekommen waren. „Dass das Interesse so groß geworden ist, hat uns fast umgehauen“, bekannte er.

Das für Schwabach zuständige Vorstandsmitglied Daniela Heil stellte den prominenten Mediziner vor. Dietrich Grönemeyer ist 1952 geboren, promovierte 1982 und wurde 1996 auf den Lehrstuhl für Radiologie und Mikrotherapie an der privaten Universität Witten/Herdecke berufen. Seitdem ist er Inhaber dieses Lehrstuhls. 1997 gründete er das Grönemeyer-Institut für Mikrotherapie auf dem Campus der Ruhr-Universität Bochum und 2007 die Dietrich-Grönemeyer-Stiftung.

Mikrotherapie

Dietrich Grönemeyer vertritt besonders die von ihm so bezeichnete Mikrotherapie: schmerztherapeutische und operative Eingriffe unter computer- oder kernspintomografischer Kontrolle, häufig im Rahmen orthopädischer Indikationen.

Er wirbt für einen ganzheitlichen Medizinbegriff, unter dem er High-Tech-Medizin und Therapieformen aus dem Bereich der Naturheilkunde und anderen Kulturkreisen versteht, etwa die traditionelle chinesische Medizin und Ayurveda. Körper, Seele und Geist sieht er als Einheit.

„Seit Novalis oder Heinrich Heine ist unsere Sprache geprägt von der Begrifflichkeit Herz“, sagte Grönemeyer einleitend. „Alles, was wir tun, nehmen wir uns zu Herzen.“ Stress sei nicht automatisch schädlich. „Wir brauchen den Wechsel von Anspannung und Entspannung.“ Gefährlich sei dagegen Diabetes II, „die Seuche unseres Jahrhunderts“. Über sieben Millionen Menschen seien davon erkrankt.

„Herz, Geist, Seele“

„Die Seele ist das, was wir mitbringen auf diese Welt. Der Geist ist unser Denken und Fühlen. Und der Körper ist das Fahrwerk, das Chassis, mit dem wir uns bewegen in dieser Welt“, erklärte Grönemeyer. „Herz, Geist und Seele bilden eine Einheit.“ Herzrasen trete als wohlige Stimmung auf, wenn man sich verliebt. Später spüre man andere Herzerfahrungen: Beklemmung, Angst. Dies könne zu Herzmuskelerkrankungen bis hin zum Herzinfarkt führen.

„Liebe und Leid“

„Ohne die Erfahrung von Liebe und Leid ist unser Herz nicht zu verstehen. Mein Vater schrie vor Schmerz, als mein Bruder, der Leukämie hatte, in seinen Armen starb. Das Herz meines Vaters blieb gebrochen bis zu seinem Tod“, erklärte Grönemeyer. „Erst allmählich lernte ich verstehen, dass das Herz fühlt, dass es die Seele spürt und dass es nicht nur eine Pumpe ist.

Diese Erfahrung gehe durch alle Kulturen der Menschheitsgeschichte. So sehe man schon in Höhlenmalereien der steinzeitlichen Menschen das Herz als archetypisches Symbol. Schon bei Urvölkern hätten sich Mythen um das Herz gerankt.

Manche Wissenschaftler bestritten, dass es eine Seele gebe. Während Platon meinte, die Seele bestehe aus drei Teilen, habe sein Schüler Aristoteles die Ansicht vertreten, die Seele sitze im Herzen. „Vor Jahren wurde ich noch ausgelacht, weil ich sagte: Das Herz fühlt“, sagte Dietrich Grönemeyer weiter. Schon in der mittelalterlichen Minne sei deutlich geworden, welche zentrale Rolle das Herz des oder der Geliebten spiele.

„Das Herz ist ein Wunderwerk. Am Tag schlägt es hunderttausend Mal und funktioniert in der Regel wartungsfrei.“ 41 Prozent der Menschen sterben laut Grönemeyer aufgrund von Herz-Kreislaufschäden, zwei Drittel der Herzinfarkte seien auf erhöhten Blutdruck zurückzuführen.

Eine Stunde Sport am Tag

„Ich fordere eine Gesundheitserziehung an unseren Schulen“, sagte Grönemeyer. „Ich fordere eine Stunde Sportunterricht jeden Tag, denn Zehn- bis Siebzehnjährige sitzen täglich vier bis fünf Stunden vor dem Fernseher oder dem Computer.“ Man müsse Kinder und Jugendliche begeistern für den Sport. So laufe in Hessen ein Projekt, in dem Schüler zu Gesundheitsausbildern geschult werden.

Um aktiv zu bleiben, sei es wichtig, mit Freude und Begeisterung zu leben und Kraft zu schöpfen aus der Natur und der Kraft des Schöpfers. „Unsere Erde ist so gestaltet, dass es Spaß macht zu leben“, lautete das Credo Grönemeyers. „Wenn ich frühzeitig die Kinder mit Lebenslust und Lebensfreude erfülle, werden wir diese Welt in eine andere Zukunft führen.“

Unsterblichkeit bestehe darin, wenn das Herz beseelt sei. Das Herz könne nur dann beseelt sein, wenn es liebt. „Das war der Beginn der Zivilisation, und wir haben die Aufgabe, die Zivilisation weiterzuschreiben.“ 

Das Tagblatt sprach mit Professor Dr. Dietrich Grönemeyer:
Mehr als nur eine Metapher

 

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