Fischotter zum Frühstück

21.2.2015, 09:31 Uhr
In der Druckausgabe des Tagblatt-Berichts über Schwabachs neuen Biber hatte dieses Symbolbild für Verwirrung und Belustigung gesorgt. Es zeigt nämlich nicht wie angekündigt einen Biber, sonderen einen Fischotter.

© afp In der Druckausgabe des Tagblatt-Berichts über Schwabachs neuen Biber hatte dieses Symbolbild für Verwirrung und Belustigung gesorgt. Es zeigt nämlich nicht wie angekündigt einen Biber, sonderen einen Fischotter.

Diese Woche war mal wieder besonders unterhaltsam. Gleich zweimal hatte ich das unverhoffte Vergnügen, Anrufe der korrigierenden Art zu bekommen.

Fall Nummer eins: das historische Rathaus-Foto zum Bericht über die neue DVD „Schwabach früher und heute“. Die ist übrigens momentan bereits ausverkauft, neue DVDs sind in Produktion. Das Foto jedenfalls hatten wir grob auf „vor dem Ersten Weltkrieg“ datiert. Denn leider ist nicht überliefert, wer dieses Foto wann genau geschossen hat.

Hans Grießhammer, aus dessen umfangreichen Archiv das Bild stammt, tippt auf die Jahre 1903 bis 1905. Das sagt er nicht einfach so. Er hat mehrere historische Fotos nebeneinander gelegt, die Rathaus-Umbauten studiert, die Fenster und Dachgauben verglichen und hält deshalb diesen Zeitraum für plausibel.

Und da wir Hans Grießhammer für eine Autorität in Sachen Stadtgeschichte halten, hat uns das überzeugt.

Doch was zählen schon baugeschichtliche Details? Man muss sich doch nur die Damenmode anschauen! Vor dem Rathaus ist eine Frau in einem geblümten Sommerkleid zu sehen. „So etwas hat keine Frau vor dem Ersten Weltkrieg getragen“, findet eine nette Leserin am Telefon. Denn: Damals habe doch noch dieser bis obenhin zugeknöpfte Look aus der Biedermeier-Zeit geherrscht.

Mag ja sein. Aber vielleicht war in Schwabach die moderne Frau nur ihrer Zeit voraus? Wer weiß? Wir jedenfalls nicht. Leider.

Ganz sicher ist nur: Das Foto muss vor 1935 entstanden sein. Erst dann wurde der Großteil des Fachwerks freigelegt. Aber seit wann trug die modebewusste Schwabacherin geblümt?

Sachdienliche Hinweise, die zur Auflösung des Rätsels beitragen, bitte an das Aufnahmestudio im Tagblatt.

Geklärt dagegen ist Fall zwei: „Das ist doch ein Fischotter“, befand meine Frau schon beim Frühstück, als sie am Donnerstag das Bild zur Geschichte über Schwabachs neuen Biber aufschlug. Wie sie es hinkriegt, mit nur einem Satz noch vor dem ersten Bissen meine Stimmung für den ganzen Tag in die Tonne zu treten!

Und das war erst die Einstimmung! Im Laufe des Vormittags haben sich gefühlte viertausend Anrufer ihrer Meinung angeschlossen.

Meine letzte Hoffnung war Biologe Dr. Gerhard Brunner, einer unserer Experten für den Artikel. Doch auch der reihte sich amüsiert in die Fischotter-Fraktion ein und ließ mich wie einen begossenen Biber im Nadlersbach stehen.

So ein Biber habe doch einen breiteren Körper und einen schmaleren Kopf. Und auf dem Rücken schwimmen könne er zwar wahrscheinlich, mache er aber so gut wie nie. Ganz im Gegensatz zu einem Otter.

Was mich erschüttert, ist ja nicht die falsche Bildauswahl. Erstens mache ich dauernd Fehler, schon um Stoff für ein „Goldrichtig“ zu haben, zweitens gehört es nunmal nicht zu meinen Hobbies, stundenlang im Ufergebüsch zu lauern und Otter, Biber oder sonst wen beim Rückenschwimmen zu begaffen.

Schlimm aber ist, mit welcher Gutgläubigkeit ich durchs Berufsleben stolpere. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, ein Fotograf von AFP könne sich irren. AFP doch nicht! Agence France Press ist die älteste Nachrichtenagentur der Welt. Das schafft man nicht mit Fehlern. Das Foto wurde am 12. März 2012 in der „Zoom-Erlebniswelt“ in Gelsenkirchen geschossen. Dort gibt es eine naturgetreue Anlage für Biber.

Aber: Kein Vorwurf an den Kollegen. Wer rechnet schon damit, dass einem im Biber-Becken ein Otter vor die Linse schwimmt? Endlich mal keines dieser üblichen Nager-Bilder, dachte ich noch. Also: meine Schuld! Kommt bestimmt wieder vor.

Und überhaupt bitte ich um Nachsicht: Biber oder Otter — putzig ist der kleine Kerl jedenfalls, oder?

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