Mit Hund und Flinte: Wildschweinjagd im Abenberger Wald

16.1.2015, 08:00 Uhr
Mit Hund und Flinte: Wildschweinjagd im Abenberger Wald

© Foto: Hiltl

Hubert Riedel war deshalb eher zurückhaltend in seinen Erwartungen. Doch der für die Staatsforsten im Revier Roth zuständige Förster wurde positiv überrascht: „Wir haben drei Wildschweine und auch zwei Rehe geschossen. Das ist für ein so kleines Team ein gutes Ergebnis.“

Im Wald kaum ein Problem

Bundesweit sorgen die Wildschweine für negative Schlagzeilen: „Dabei stören die Wildschweine im Wald nicht wirklich. Wenn sie den Boden auflockern, ist das eher positiv“, sagt Riedel.

Doch Wildschweine bleiben nicht immer im Wald. Maisfelder sind für sie ein Schlaraffenland. Mittlerweile dringen sie sogar in Wohngebiete vor. Und in seltenen Fällen sind Menschen sogar attackiert und teils schwer verletzt worden.

„Total entspannte“ Begegnung

Solch folgenreiche Zusammenstöße sind im Landkreis Roth zum Glück noch nicht passiert. Doch es kann schon vorkommen, dass es Spaziergängern geht wie Christoph Scheuring aus Kammerstein zu Jahresbeginn am Heidenberg:

„Wir waren mit unserem Hund spazieren, als meine Frau plötzlich gesagt hat: Schau mal da vorne. Im nächsten Moment spazierten rund 150 Meter vor uns acht Wildschweine über den Waldweg.“ Eine Begegnung, vor der viele Respekt haben. „Aber wir haben die nicht gestört und die uns nicht.“ Angst hat er deshalb keine. „Das war total entspannt. Wildschweine sind nette Tiere.“

Das sehen vor allem Landwirte längst anders. „Die Schäden durch Wildschweine haben zugenommen“, sagt Ernst Scholze. Der Büchenbacher ist der für den nördlichen Landkreis Roth zuständige Kreisjagdberater. Wenn Wildschweine über ein Feld herfallen, dann können Schäden sogar „in die Tausende“ gehen.

Vertraglich geregelt

Und wer kommt dafür auf? „Seit Jahrzehnten ist es üblich, dass die Jagdpächter für die Schäden verantwortlich sind. Doch in den letzten Jahren hat sich die Situation total gewandelt. Wir sind an dem Punkt, dass die dazu immer weniger bereit sind“, berichtet Scholze. In den Pachtverträgen zwischen den Waldbesitzern, den so genannten „Jagdgenossen“, und den Jagdpächtern werde deshalb immer häufiger die Schadenssumme gedeckelt.

Von den Jagdpächtern wird erwartet, dass sie die Wildschwein-Population durch Bejagung in Grenzen halten. Ein solcher Jagdpächter ist der Kammersteiner Hermann Nachtrab, der am Heidenberg zwischen Kammerstein und Haag sein Revier hat. „Im vergangenen Jahr habe ich fünf Wildschweine geschossen“, berichtet er.

Die Jagd auf Wildschweine ist nicht einfach. Selbst jemand mit Nachtrabs langjähriger Erfahrung kann Schäden nicht verhindern. Doch mit „seinen“ Landwirten habe er „ein gutes Einvernehmen“.

Insgesamt schätzt Hermann Nachtrab „die Situation bei uns als nicht so dramatisch“ ein. Klar aber ist für ihn und alle Experten: Die Zeiten, in den Wildschweine am Heidenberg fast nur im Gehege eines Wirts in Kühedorf zu bestaunen waren, sind vorbei — und werden auch nicht wieder kommen.

„An die tausend Wildschweine“

Wie viele Wildschweine es mittlerweile im nördlichen Landkreis Roth gibt, ist nur äußerst schwer zu schätzen. Denn die Tiere haben einen großen Aktionsradius und können in einer Nacht mehrere Kilometer zurücklegen. Kreisjagdberater Scholze geht aber davon aus, dass es „an die tausend Wildschweine“ sind.

Gründe für die rasante Ausbreitung gibt es eine ganze Reihe, erklärt Förster Riedel: Die milden Winter, die auch schwache Tiere überleben lassen. Den zunehmenden Maisanbau. Den Umbau des Waldes mit immer mehr Laubbäumen: Eichen sorgen für beste Nahrung.

Wildsau mal drei

Hinzu kommt, dass die Jäger bei der „Kirrung“ (Lockfütterung) zusätzlich Futter als Lockmittel auslegen. Wildschweine vermehren sich auch extrem. Die „Reproduktionsrate“ kann bis zu 300 Prozent pro Jahr betragen. Und natürliche Feinde wie Wölfe gibt es in unseren Breiten ohnehin nicht. Riedls Fazit: „Wildschweine sind auf dem Vormarsch.“

Riedel will deshalb „kontinuierlich Revier übergreifende Drückjagden“ veranstalten. Doch die erfordern enormen Aufwand. Am Heidenberg und im Abenberger Wald werden sie einmal im Jahr stattfinden. Der Erfolg ist sehr unterschiedlich.

Im Dezember wurden auf dem Heidenberg nur fünf Wildschweine erlegt. 2013 dagegen waren es noch 25. Deshalb geht Riedel davon aus, dass die Zahl im „Schwabacher Hausberg“ eher konstant geblieben ist. Dafür gibt es mittlerweile in vielen Wäldern Schwarzwild.

Aber mit der Büchse lässt sich das Problem nicht mehr lösen. Nicht nur, weil die Jagd auf die „absolut cleveren und lernfähigen Tiere“ sehr schwierig ist. „Mit der Jagd kann man den Bestand nur noch begrenzen“, sagt Hermann Nachtrab. „Die Wildschweine sind Gewinner des Klimawandels. Sie werden uns treu bleiben. Wir müssen mit ihnen leben.“

Entwarnung in Schwabach

In Schwabach hat man damit noch nahezu keine Probleme. „In der Laubenhaid und der Maisenlach zieht Schwarzwild vielleicht mal durch. Aber dort leben keine Rotten“, so Riedel über seinen dortigen Staatsforst. Gleiches gilt für den Stadtwald in der Brünst. „Wir können Entwarnung geben“, versichert Ralf Schmidt, der Chef des Liegenschaftsamtes.

Weshalb die Wildschweine die stadtnahen Wälder meiden? „Das liegt am Naherholungswert“, sagt Schmidt. Denn Wildschweine sind scheu. Sie wollen ihre Ruhe, aber keine Spaziergänger. Deshalb laufen sie normalerweise entweder davon oder bleiben in Deckung. Es kann sein, dass man zehn Meter an Wildschweinen vorbeiläuft, ohne sie zu bemerken.

„Auf den Wegen bleiben“

Wie gefährlich also sind sie für Spaziergänger? „Nicht gefährlich“, erklärt Hubert Riedel. Allerdings: „Wenn sie sich bei Jagden in die Enge gedrängt fühlen oder gar angeschossen sind, dann greifen sie auch an. Wildschweine sind wehrhafte Tiere.“

Sein Rat: „Spaziergänger sollten das Dickicht meiden und einfach auf den Wegen bleiben.“ Und wenn es einem geht wie Christian Scheuring und eine Rotte plötzlich vor einem steht? „Am besten macht man gar nichts. Einfach ruhig bleiben.“ Also wie bei Hunden? „Ja“, sagt Riedel. „Aber in der Regel wollen Wildschweine nicht einmal spielen.“

2013 waren im Heidenberg viele Wildschweine zur Strecke gebracht worden. Dazu unsere Bildergalerie:

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