Schwung-Chef Michael Geißendörfer zieht erste Bilanz

7.2.2015, 10:53 Uhr
Seit eineinhalb Jahren leitet Michael Geißendörfer das Schwabacher Gründerzentrum Schwung im O‘Brien-Park.

© Günther Wilhelm Seit eineinhalb Jahren leitet Michael Geißendörfer das Schwabacher Gründerzentrum Schwung im O‘Brien-Park.

Er ist in große Fußstapfen getreten. Am 1. August 2013 hat Michael Geißendörfer die Nachfolge von Alfred Dornisch angetreten, der das Schwabacher Gründerzentrum Schwung seit der Eröffnung 1997 geleitet hatte.

Zusätzlich hat der Diplom-Verwaltungswirt eine weitere wichtige Aufgabe in der Stadt: Er ist Schwabachs „Breitbandbeauftragter“. Ein Gespräch über eine erste Bilanz, Chancen und Risiken der Selbständigkeit und das lange Warten auf schnelles Internet.

Herr Geißendörfer, beginnen wir mit Ihrem „Nebenjob“. Nach Söders neuem Förderprogramm hoffen alle möglichst rasch auf möglichst schnelles Internet. Wie weit ist man in Schwabach?

Geißendörfer: Wir sind im sogenannten „Markterkundungsverfahren“. Ziel ist auch in Schwabach, dass Anbieter Interesse am „eigenwirtschaftlichen Ausbau“ in zumindest Teilen der Stadt zeigen. Das würde bedeuten, dass die
Stadt dort keine finanzielle Belastung hat.

Und: Gibt es Interessenten?

Geißendörfer: Ich darf noch keine Namen nennen, weil die Angebote und Konzepte derzeit noch sorgfältig geprüft werden. Aber Interesse ist da. In wenigen Wochen hoffen wir, dass die Ergebnisse der Prüfung vorliegen. Dann kann man Konkretes sagen. Schnelles Internet ist gerade für Firmen extrem wichtig.

Als Schwung-Chef haben Sie Ihre Einarbeitungszeit inzwischen hinter sich. Wie fällt ihre persönliche Bilanz aus?

Geißendörfer: Ich bin sehr froh, dass ich diese Chance bekommen habe. Das ist eine große Verantwortung, die mir wahnsinnig viel Spaß macht.

Ihr Vorgänger Alfred Dornisch hat sich in Schwabach einen exzellenten Ruf erarbeitet. Was machen Sie anders als er?

Geißendörfer: Es gab keinen Grund, viel zu ändern. Deshalb war mir zunächst einmal Kontinuität wichtig. Herr Dornisch hat mir beim Einstieg auch sehr geholfen. Bei der Einarbeitung konnte ich bei seinen Beratungsgesprächen dabei sein. Bei einer solchen Beratung habe ich mehr gelernt, als wenn ich zwei schlaue Bücher gelesen hätte. Eine große Hilfe war auch, dass das Schwung-Team unverändert geblieben ist. Die Mitarbeiter haben mich gerade beim Einstieg sehr unterstützt und tun dies auch weiterhin.

Wie viele potenzielle Gründer haben Sie bisher beraten?

Geißendörfer: 2014 waren es über 40. Es macht Spaß, an der Zukunft mitgestalten zu dürfen. Ich nehme mir Zeit für ausführliche Gespräche. Und einen Termin bekommt man binnen zwei, drei Tagen.

Vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten suchen viele aus Mangel an Alternativen eine Zukunft in der Selbständigkeit. Wie schätzen Sie die wirtschaftliche Lage in Schwabach ein?

Geißendörfer: Bei uns läuft es gut mit der Tendenz zu sehr gut. Deshalb gibt es weniger Gründungen aus der Arbeitslosigkeit oder der drohenden Arbeitslosigkeit heraus.

Viele scheuen also das unternehmerische Risiko und behalten lieber ihren sicheren Job?

Geißendörfer: Es macht sich nur selbständig, wer sich diesen Schritt genau durchdacht hat. Deshalb hat die Qualität der Gründer zugenommen.

Kommen denn viele wirklich innovative Ideen?

Geißendörfer: Bei uns gibt es wenige sogenannte „ideengetriebene Gründungen“, keine völligen technischen Neuentwicklungen. Die meisten kommen aus etablierten Bereichen, etwa der IT, und wollen das, was sie können, fortsetzen, aber eben als Selbständiger. Es gibt aber auch ganz neue Ideen wie etwa eine Firma, die mit „Food Trucks“ unterwegs ist.

Kommt es nicht auch vor, dass Sie jemandem abraten müssen? Zu Ihrer Verantwortung gehört ja auch, Leute vor großen Fehlern zu bewahren.

Geißendörfer: Das sind aber nur wenige. Es ist natürlich nicht ganz leicht, jemandem zu sagen, dass seine Geschäftsidee wahrscheinlich nicht funktioniert. Aber die Leute sind so vernünftig, dass sie sagen: Na ja, ich überleg’s mir nochmal.

Was sind die größten Fehler?

Geißendörfer: Zum einen haben sich manche einfach zu wenig mit dem Markt und der Konkurrenzsituation beschäftigt. Zum anderen gibt es eine Selbstüberschätzung der leistbaren Arbeitszeit.

Wie das?

Geißendörfer: Viele sind fachlich kompetent, aber unterschätzen den Zeitaufwand etwa für Akquise und das Schreiben der Rechnungen. Auf 16- bis 18-Stunden-Tage kann man aber langfristig keine Existenz aufbauen.

Aus welchen Branchen kommen die meisten Interessenten?

Geißendörfer: Das ist sehr unterschiedlich. Wir beraten Leute aus den unterschiedlichsten Branchen: Mediendesigner, Einzelhändler, Physiotherapeuten...

Und in all diesen Bereichen sind Sie als Ratgeber Experte?

Geißendörfer: Ich bin so etwas wie ein Lotse für alle, ein Generalist. Ich kann nicht für jeden Bereich detaillierte Branchenkenntnis haben. Dann recherchiere ich selbst nach. Vor allem aber: Die grundlegenden Fragen sind immer gleich. Stimmt das Produkt? Gibt es einen Kundenkreis? Passt die Rentabilitätsberechnung? Sind Rücklagen da? Wir sagen nicht: Das geht schon irgendwie. Wir rechnen durch.

Wie schwer ist es für Gründer an Startkapital kommen?

Geißendörfer: Dienstleister haben in der Regel nicht den ganz großen Kapitalbedarf. Aber wer darauf angewiesen ist, tut sich schwer. Die Banken sind zurückhaltend, weil sie ihre Rating-Vorschriften haben und das Ausfallrisiko genau abwägen müssen.

Was ist für Sie das größte Erfolgserlebnis?

Geißendörfer: Wenn ich durch die Stadt gehe und einen neuen Laden eines Existenzgründers sehe, den ich beraten habe. Das ist ein gutes Gefühl.

Sie beraten also auch Gründer, die gar nicht ins Schwung einziehen wollen?

Geißendörfer: Das ist sogar die große Mehrheit. Im Schwung bieten wir vor allem Büroräume zu günstigen Konditionen. Neben der Gründerberatung bieten wir auch Förderberatung für bestehende Unternehmen an.

Wie viele Firmen sind derzeit im Schwung eingemietet?

Geißendörfer: Zum Jahresende waren es rund 30 mit etwa 70 Arbeitsplätzen. Über 80 Prozent sind Dienstleister, darunter Architekten und Steuerberater. Damit waren wir zu über 90 Prozent belegt. Bis Ende März werden aber voraussichtlich sieben Büros leer.

Also ein schlechter Start ins neue Jahr?

Geißendörfer: Keineswegs. Die Gründer sollen rein, aber nach fünf, spätestens nach acht Jahren wieder raus. Das ist ja die Idee. Wir streben keine 100 Prozent Auslastung an, weil es gut ist, Büroflächen in der Hinterhand zu haben, etwa wenn unsere Firmen erweitern wollen. Unsere Stärke ist die kurzfristige und flexible Verfügbarkeit von Räumen. Erste Anfragen liegen bereits vor.

Das Schwung ist eine GmbH, eine Tochterfirma der Stadt. Wie viel Steuergelder muss die Stadt jährlich zuschießen?

Geißendörfer: 2013 betrug der Betriebszuschuss 20 681 Euro. Die Bilanz 2014 ist noch nicht ganz fertig. Aber es bewegt sich voraussichtlich wieder in dieser Größenordnung.

Warum ist das gut investiertes Geld?

Geißendörfer: Das Gründerzentrum ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Schwabach und die Region. Es werden Arbeitsplätze geschaffen, die örtliche Wirtschaft mit Wechselwirkungen belebt und insbesondere Gewerbeansiedlungen verstärkt. Seit Bestehen des Schwung haben 44 Unternehmen nach Schwabach ausgegründet.

www.schwung.de

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