Steinerne Geschichte

10.1.2012, 09:00 Uhr
Steinerne Geschichte

© Weidler

Lassen wir eine Originalquelle aus dem 17. Jahrhundert (Lagerort Stadtbibliothek Nürnberg) zu Wort kommen, die der in Pillenreuth wohnende Heimatforscher Anton Boesch ausfindig gemacht hat.

Ein „schönes Herrn Hauß“

Es heißt in dieser Chronik des „Landgutes Pillenreuth“, dass im nördlichen Teil der Anlage, also im Bereich der früheren Klausur, „ein in Stein aufgebautes schönes Herrn Hauß“ gelegen war, neben dem ein schöner großer Garten sich befand (heute Reitanlage Familie Klimt).

Doch machen wir noch einen Schritt weiter zurück in der Historie dieses bedeutenden klösterlichen Gebäudes. Das am Mittwoch, 4. Januar 2012 zerstörte Gebäude stammt laut Datierung in den einschlägigen Denkmallisten aus dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts und war gewissermaßen die Schaltzentrale des Klosters. Es wurde 1551/52 von den markgräflichen Truppen angezündet.

Wieder aufgebaut

Erhalten ist eine Ansicht aus dem Jahre 1609 (Lagerort Staatsarchiv), die das herrschaftliche Anwesen ein halbes Jahrhundert später zeigt. Es wurde als „neue behausung“ bezeichnet, weil es auf den alten vorhandenen Grundmauern wieder errichtet worden war. Das Hoheitswappen der Stadt Nürnberg zierte den Sitz. Dieses Aussehen behielt das Gebäude fast unverändert bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Das „Haus der Pröpstin“ war ein zweistöckiges Gebäude und hatte alte Kellergewölbe. Es ist übrigens abgebildet im „Stadtlexikon Nürnberg“ und in dem Standardwerk „Burgen und Herrensitze in der Nürnberger Landschaft“. Hier findet man auch Hinweise auf die Historie dieses Bauwerks.

Ein vom Rat eingesetzter Pfleger kontrollierte in dem Klostersitz die Wirtschaftsführung, Besitzverwaltung, Einhaltung der Regel und die Berufung in die Klosterämter. Im Saal des oberen Stockwerks befand sich neben der Bibliothek auch das so genannte Scriptorium, in welchem beispielsweise Anna von Eyb ihre zum Teil noch erhaltenen Bücher schrieb.

Sämtliche Urkunden und ähnlich bedeutsame Schriftstücke wurden im Archiv aufbewahrt, das Hans Tucher, der bekannte Jerusalemfahrer in diesem Haus, hatte anlegen lassen.

Käufe und Verkäufe besiegelt

Nicht weniger bedeutsam war wohl das Arbeitszimmer der Pröpstin. Man weiß, dass jede Pröpstin ein eigenes Klostersiegel hatte, das sie dort aufbewahrte. Von ihr wurden Ankäufe, Verkäufe oder Tausch von Gütern oder Grundstücken besiegelt. Sie empfing ferner in einem großen Raum nicht nur Bischöfe oder deren Stellvertreter, sondern auch Abgeordnete des Nürnberg Rats oder bei Streitigkeiten mit den Markgrafen deren Stellvertreter aus Schwabach.

Fazit: Mit der Zerstörung dieses Nürnberger Herrensitzes oder dessen völliger Beseitigung ginge ein unwiederbringliches Kulturgut außerhalb der Stadtmauern verloren.

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