War Adolph Henselt ein uneheliches Kind von König Ludwig I.?

26.4.2014, 08:51 Uhr
War Adolph Henselt ein uneheliches Kind von König Ludwig I.?

© Archiv Albert Otto

Sein Vater war der 1980 verstorbene Schwabacher Heimatforscher Albert Ott, der sein Berufsleben als Lehrmittelverwalter der Schwabacher Volksschulen verbrachte.

Die Zeitungsausschnitte in der Henselt-Mappe im Ott-Archiv reichen von den 1920er Jahren bis in die 50er Jahre. Albrecht Ott stieß auf eine Überraschung. Neben Fotos fand sich ein vergilbter, handgeschriebener undatierter Zettel mit einer Notiz in der Handschrift seines Vaters: „Adolph von Henselt soll ein ledig geborener Sohn des Königs Ludwig I. v. Bayern sein?“

Das Fragezeichen auf dem Notizzettel ist berechtigt. Es gibt keine Beweise, allenfalls dünne Hinweise.

Zwei Schreibweisen

Henselt wurde bekanntlich am 9. Mai 1814 in Schwabach geboren. Die Schreibweise des Namens variiert. So heißt es in einem Artikel aus den 1930er Jahren unter Bezugnahme auf das Schwabacher Taufbuch, dass Georg Martin Adolph Hänselt als Sohn des Kattun-Fabrikanten Philipp Eduard Hänselt und dessen zweiter Ehefrau, der Müllerstochter Carolina Sophie, geb. Geigenmüller aus Elsterberg in Sachsen, in Schwabach am 9. Mai 1814 geboren und am 22. Mai 1814 getauft wurde.

War Adolph Henselt ein uneheliches Kind von König Ludwig I.?

© Archiv Albert Otto

Doch stand Henselts Mutter wirklich in Verbindung zum damaligen Kronprinzen Ludwig I. (ab 1825 König) und zwar so intensiv, dass daraus das uneheliche Kind Adolph entstand? Dieser Ludwig war der Großvater von Ludwig II., der später als „Märchenkönig“ bezeichnet wurde. Der Wittelsbacher-Herrscher Ludwig I. hatte mit seiner Gemahlin neun eheliche Kinder; sie wurden zwischen 1811 und 1828 geboren. Adolph Henselt kam 1814 zur Welt.

Adolph Henselts Vater war Teilhaber an der Schwabacher Stirnerschen Kattunfabrik. 1817, als Adolph Henselt gerade drei Jahre alt war, zog die Familie nach München, wo Vater Henselt eine neue Fabrik pachtete. 1822 starb die Mutter.

Henselt erhielt in München Geigen- und Klavierunterricht bei der Geheimrätin von Fladt, der Ehefrau eines Ministers von Ludwig I.. Im Alter von 14 Jahren gab er sein erstes öffentliches Konzert. Der als kunstsinnig geltende König Ludwig I gewährte Adolph Henselt ein Halbjahresstudium/-stipendium bei dem Komponisten und Mozart-Schüler J.N. Hummel in Weimar. Was folgte, war eine Karriere als Klaviervirtuose und Komponist, vorwiegend in St. Petersburg, am Hof des Zaren.

Im selben Haus aufgewachsen

Aus den Unterlagen Albrecht beziehungsweise Albert Otts geht eine weitere etwas kuriose Verbindung Henselts nach Schwabach hervor, die durchaus einer näheren Betrachtung würdig erscheint: 1945 kam Erna Walther als Klavierlehrerin nach Schwabach, sie starb 1956 laut einer Notiz von Albert Ott. Erna Walther wurde als Erna Wissendorff am 23. August 1885 in St. Petersburg geboren und wohnte dort mit ihrer Familie im selben Haus wie Henselt — die Henselts im ersten Stock, die Wissendorffs im dritten Stock. Henselt starb 1889, als Erna Walther vier Jahre alt war. Doch warum kam Erna Walther nach dem Krieg aus St. Petersburg ausgerechnet nach Schwabach?

Zu schön, um wahr zu sein

Ludwig I. als Vater von Henselt — das wäre beinahe zu schön, um wahr zu sein. Untermauern lässt sich dies jedoch nur, wenn es gelingt nachzuweisen, dass sich die Wege des Wittelsbacher-Herrschers Ludwig I. mit denen von Adolph Henselts Mutter Carolina Sophie Geigenmüller 1813 kreuzten. Doch dann bleibt immer noch unklar, woher der dubiose Hinweis auf dem handgeschriebenen Zettel in der Henselt-Mappe von Albert Ott stammt. Möglicherweise von Erna Walther. Aber die kann man nicht mehr fragen.

Für Gebhard Kindl, ehrenamtlicher Mitarbeiter im Stadtmuseum Schwabach und Henselt-Spezialist, ist der Hinweis darauf, dass Henselt ein uneheliches Kind von Ludwig I. sein könnte, ohnehin nicht stichhaltig: „Das halte ich für Unsinn, für ein Gerücht.“ Auch in der Autobiografie habe Henselt vermerkt, dass er von einem Kattunfabrikanten abstamme und in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen sei. Anderseits räumt er ein, dass im Brockhaus-Konversationslexikon von 1839 steht, dass die Abstammung des Klaviervirtuosen unklar sei. „Aber es gibt keinen Beleg dafür“, so Kindl. Auch in späteren Ausgaben des Brockhaus steht davon nichts mehr.

So oder so: Die Henselt-Forschung hat noch ein weites Feld zu beackern.

1 Kommentar