Wachsende Spannungen durch steigende Flüchtlingszahlen

28.7.2015, 18:35 Uhr
In Bayern leben derzeit etwa 42.000 Flüchtlinge. (Symbolbild)

© dpa In Bayern leben derzeit etwa 42.000 Flüchtlinge. (Symbolbild)

Der starke Anstieg der Flüchtlingszahlen führt zu weiter wachsenden Spannungen in der Bevölkerung. Nach Streit zwischen Asylbewerbern und Anwohnern räumten die Behörden eine Unterkunft für Asylbewerber in Unterfranken. In Niederbayern wird eine Bleibe für Flüchtlinge zur Gemeinschaftsunterkunft mit der Folge, dass gegen den Wunsch der Einheimischen weitere 120 Asylbewerber in einen dünn besiedelten Ortsteil kommen. Sozialministerin Emilia Müller (CSU) dankte am Dienstag bei einem Staatsempfang in München 1200 ehrenamtlichen Helfern für deren Engagement im Asylbereich. In Bayern leben derzeit etwa 42.000 Flüchtlinge.

Das seit Jahresbeginn mit jungen Männern aus dem Kosovo und Albanien belegte Flüchtlingsheim im unterfränkischen Mainstockheim wurde nach heftigen Differenzen zwischen Flüchtlingen und Anwohnern geräumt. „Der Umzug der Bewohner ist komplett abgeschlossen“, sagte ein Sprecher der Regierung von Unterfranken am Dienstag. Die Asylbewerber seien auf Flüchtlingsheime in ganz Unterfranken verteilt worden. Der ehemalige Gasthof soll nun renoviert werden. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach von „wiederholten Fällen von Randale“.

Die Konflikte waren am Wochenende eskaliert, als sich zeitweilig etwa 300 Menschen vor dem Gebäude versammelt hatten. Auslöser waren nach Herrmanns Worten Streitereien zwischen Albanern und einer Gruppe von Deutschtürken. Ein Anwohner sei durch den Messerstich eines Albaners verletzt worden. „Ein ausländerfeindlicher oder rechtsradikaler Hintergrund ist überhaupt nicht ersichtlich“, sagte der Innenminister. Er sprach aber von sich zuspitzenden Konflikten.

Mehr Flüchtlinge als von der Bevölkerung gewünscht

In Niederbayern wurde der Streit zwischen dem SPD-Landrat von Regen und der CSU-Staatsregierung um die Zuweisung von Flüchtlingen vorerst beigelegt. Der Regener Stadtteil Poschetsried nimmt mit Zustimmung von Landkreischef Michael Adam nun doch mehr Flüchtlinge auf als von der Bevölkerung gewünscht.

Weil die Regierung von Niederbayern die bisher als dezentrale Bleibe für Asylbewerber geführte frühere Pension in eine Gemeinschaftsunterkunft umwidmet, nimmt Adam den Aufnahmestopp für Flüchtlinge im gesamten Landkreis zurück. Der Grund: Der Kommunalpolitiker sieht seine Forderung nach Schaffung von Gemeinschaftsunterkünften als erfüllt an. Der Landkreis wird dadurch finanziell und personell entlastet. Laut Bezirksregierung kommen nun weitere rund 120 Flüchtlinge in die Pension am Stadtrand von Regen. Der Petitionsausschuss im Landtag hatte allerdings empfohlen, nur bis zu 60 neue Flüchtlinge dort unterzubringen.

Auch Erlangen muss kurzfristig deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen als gedacht: Der Landkreis muss möglichst schnell weitere 200 geeignete Plätze für eine vorübergehende Unterbringung bereitstellen. So müssen in Hemhofen statt der bisher geplanten 100 vermutlich bald 180 Flüchtlinge untergebracht werden. Für die übrigen 120 Asylsuchenden wird voraussichtlich Baiersdorf seine Mehrzweckhalle an der Mittelschule bis zum 30. September zur Verfügung stellen. 

Unterdessen entdecken Unternehmen und Hochschulen zunehmend hoch qualifizierte Flüchtlinge für sich. Siemens bietet in einem Projekt mit der Stadt Erlangen Praktikumsplätze für Asylbewerber, die aus ihrem Heimatland bereits eine Ausbildung oder ein Studium mitbringen. An diese Flüchtlinge wendet sich auch das Projekt „Integration durch Arbeit“, das die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) zusammen mit dem Arbeitsministerium und der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit durchführt. Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) haben etwa 15 Prozent der Flüchtlinge eine Hochschule besucht. 

Die Staatsregierung forderte bei ihrer Kabinettssitzung erneut finanzielle und organisatorische Unterstützung vom Bund. Gebraucht würden mehr Liegenschaften und mehr Wohnraum, sagte Herrmann. „All dies ist ohne aktive Mitwirkung des Bundes nicht darstellbar.“ Bei dem Empfang für ehrenamtlich im Asylbereich engagierte Helfer sprach Sozialministerin Müller von einem „gewaltigen Kraftakt“. Die Ehrenamtlichen seien nicht nur eine große Unterstützung für die Asylbewerber, „sondern auch die Brückenbauer zur Bevölkerung“.

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