1:2! Der Club zurück in den Untiefen des Tabellenkellers

16.3.2014, 17:39 Uhr
Turbulente Szenen im FCN-Strafraum: Keine Seltenheit an diesem Sonntagnachmittag gegen den HSV.

© dpa Turbulente Szenen im FCN-Strafraum: Keine Seltenheit an diesem Sonntagnachmittag gegen den HSV.

Gertjan Verbeek mag es gerne banal, einfach, pragmatisch. Er ist kein Mann der großen, aufgeblasenen Worte. Dafür einer, der komplexe Situationen auf das Nötigste herunterbricht. Gegen den Hamburger SV sollten seine Nürnberger einfach "besser spielen", forderte Verbeek. Kein Systemwechsel, keine Personalrochaden, keine komplizierten taktischen Umschreibungen. Am Ende gewinnt die Mannschaft, die mehr Tore schießt. Und die, die schlichtweg besser war. Fußball in seiner Rohform.

Einer der Eckpfeiler in Verbeeks System ist gegen den Hamburger SV einmal mehr Javier Pinola, gerade nach dem neuerlichen Ausfall von Per Nilsson. Angha (20) und Plattenhardt (22) verteidigen außen, Petrak (22) zentral neben Pinola. Sicherlich eine der jüngsten FCN-Defensiven der letzten Jahre. Der Argentinier soll dabei für Stabilität, für Kontinuität sorgen. Unterstützen dabei soll ihn Markus Feulner, der nach einer Gelb-Sperre zurück ins Mittelfeld rückt. Ein Hoffnungsschimmer im "Überholspiel", wie Hamburg-Trainer Mirko Slomka die Partie nannte. Immerhin kann der krisengebeutelte HSV den Club mit einem Sieg überholen - und die ohnehin schon drückenden Abstiegssorgen damit weiter dramatisieren. Brisanz also garantiert.

Und bereits Sekunden nach Anpfiff ist Feuer in der Partie. Den ersten Akzent kann dabei der 1. FC Nürnberg setzen: Drmic nimmt es an der Strafraumkante mit drei Gegenspielern auf, spielt zurück auf Feulner, der aus etwa 20 Metern nur knapp verzieht. Auf der Gegenseite klärt Schäfer nach gerade einmal drei Minuten gegen Djourou stark, Calhanoglu setzt nur wenige Sekunden später einen Distanzschuss knapp am rechten Pfosten vorbei. Eine furiose Anfangsphase.

Zwei Pfosten-Treffer, zwei starke Torhüter

Dann legt die Partie eine kurze Verschnaufpause ein. Der Club in der Folge mit mehr Ballbesitz und einem geordneten Spielaufbau. Mehr aber zeigt der 1. FC Nürnberg nicht, spielt nicht druckvoll und präzise genug in die Spitze. Wie schon gegen Werder Bremen fehlt die letzte Konsequenz im Offensivspiel. Richtig gefährlich wird stattdessen der Hamburger SV, der immer wieder blitzschnell kontert. Erneut ist es nach eben so einem Konter Calhanoglu (16.), der aus zentraler Position und etwa 17 Metern Club-Keeper Raphael Schäfer prüft. Schäfer fliegt, reißt die Arme hoch - und pariert stark.

Das 1:0 für den 1. FC Nürnberg verhindert in der 24. Spielminute einmal mehr: der Pfosten. Den trifft Markus Feulner nach einem Doppelpass mit Robert Mak. Einer der wenigen ausgespielten Angriffe in der ersten Hälfte für den Club, freilich aber zu wenig - gerade in einem als "wegweisend" beschriebenen Kellerduell. Der HSV konsequent, schnell, durchdacht. Gerade über die Flügel wirken Angha und Plattenhardt überfordert und können sich oft nur mit Fouls behelfen. Beispielsweise Plattenhardt, der in der 38. Spielminute den starken Ex-Cluberer Diekmeier nur mit einem Bodycheck stoppen kann. Und dafür die erste Gelbe Karte des Spiels kassiert.

Kurz vor der Pause der Club im Alu-Glück: Angha kann Calhanoglu nicht bremsen, der flankt auf den kurzen Pfosten, wo Zoua nur den selbigen trifft. Es ist ein Spiel mit hohem Tempo und vielen Chancen. Dass es zur Halbzeit 0:0 steht, ist zwei starken Torhütern und zwei Pfosten-Treffern zu verdanken.

Der Club wacht erst spät auf

Zentimeter fehlen auch etwa zehn Minuten nach Wiederanpfiff. Kiyotake schickt Drmic steil, der aber knapp im Abseits steht. Und auf der Gegenseite rettet Schäfer nur drei Minuten später stark gegen van der Vaart, der nach kollektiver Konfusion im Nürnberger Strafraum vergibt. Für Angha ist - auch weil er auf dem Flügel überfordert scheint - nach knapp 62 Minuten Schluss. Hanno Balitsch kommt in die Partie. Für Unruhe sorgen auch immer wieder Standardsituationen. Vor allem dann, wenn Calhanoglu am Ball steht. Der prüft mit einem 30-Meter-Freistoß (63.) durch die Mauer Schäfer, der den abgefälschten Ball aber souverän zum Eckball klärt.

Der Hamburger SV übernimmt nun auch in Sachen Ballbesitz die Kontrolle. Erneut nach einer Standardsituation muss Javier Pinola gegen Zoua auf der Linie retten. Der Club, in der letzten halben Stunde nun richtig unter Druck, kann sich kaum mehr befreien. In der 78. Spielminute dann beendet Hakan Calhanoglu die Gnadenfrist für den 1. FC Nürnberg. Der nimmt den Ball technisch stark mit, hat zentral vor dem Tor zu viel Platz und zieht ab. Der von Frantz abgefälschte Ball schlägt unter der Latte ein. Und nur sechs Minuten später macht Mike Frantz selbst den Deckel drauf: Nach einer scharfen Hereingabe von Jiracek kann der sich nicht entscheiden, ob er klären oder wegbleiben soll - und setzt den Ball ins eigene Netz. Eigentor!

Doch der 1. FC Nürnberg bäumt sich noch einmal auf. Erst prüft Feulner HSV-Keeper Adler (89.), dann bringt Drmic den Club noch einmal heran. Der Schweizer Nationalspieler setzt sich mit einem Haken stark gegen drei Gegenspieler durch und trifft ins rechte untere Eck (90.). Der Startschuss für eine turbulente Nachspielzeit. Der 1. FC Nürnberg wirft noch einmal alles nach vorne, kommt in der zweiten Minute der Nachspielzeit zu einem letzten Freistoß etwa 20 Meter vor dem Hamburger Tor. Campana tritt an, bringt den Ball mit Schnitt in die rechte obere Ecke - doch Adler fischt das Leder überragend aus dem Kreuzeck.

Dann ist Schluss. Der Club verpasst den nächsten Befreiungsschlag im Tabellenkeller. Auch, weil die Verbeek-Elf nicht zielstrebig, nicht konsequent genug im Angriff spielt. Die "Wochen der Wahrheit" aber gehen weiter - und gewinnen mit der Niederlage weiter an Dramatik. Die nächsten Stationen heißen: Frankfurt, Stuttgart, Freiburg. Allesamt Mitkonkurrenten im Abstiegskampf.

Hamburger SV: Adler - Diekmeier, Djourou, Mancienne, Westermann - Badelj, Arslan (Rincon, 88.) - Calhanoglu, van der Vaart (Tesche, 82.), Ilicevic (Jiracek, 85.) - Zoua

1. FC Nürnberg: R. Schäfer - Angha (Balitsch, 62.), Petrak, Pinola (Pekhart, 82.), Plattenhardt - Frantz - Mak (Campana, 68.), Kiyotake, Feulner,  Hlousek - Drmic

Tore: 1:0 (Calhanoglu, 80.), 2:0 (Eigentor Frantz, 86.), 2:1 (Drmic, 90. +1) | Gelbe Karten: Plattenhardt (38.), Petrak (72.) | Schiedsrichter: Marco Fritz (Korb) | Zuschauer:  52.183.

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