"Selbstjustiz üben, das kann nicht sein"

22.10.2010, 16:20 Uhr

© Zink

„Faustrecht“ auf dem Fußballplatz: Mit diesen Schlagworten lässt sich der Spielabbruch vom vergangenen Wochenende in der Bezirksliga Süd umschreiben. Das Heimspiel des TSV 1860 Weißenburg gegen den FV Wendelstein wurde beim Stand von 2:0 in der 88. Minute abgebrochen, nachdem aus einem Gerangel zwischen den beiden Spielern Dominik Hamann (TSV) und Tolga Dogan (FV) eine wüste Schlägerei resultierte. FV-Präsident Gérard Monin, auch Mitglied im Bayernliga-Sportgericht und Präsident der Trainervereinigung in Mittelfranken, war als Augenzeuge dabei. Das Schwabacher Tagblatt hat sich mit ihm unterhalten.

 

ST: Herr Monin, haben sie die unrühmlichen Szenen vom vergangenen Samstag schon verdaut?

Monin: Überhaupt nicht, das beschäftigt mich tagtäglich. Alleine die Stellungnahme an das Sportgericht, bis wir alle Informationen und den Krankenhausbericht (der Wendelsteiner Spieler Dogan erlitt einen vierfachen Nasenbeinbruch, d.Red.) zusammen hatten, hat einen halben Tag gedauert.

ST: Sie sind seit vielen Jahren auf Fußballplätzen unterwegs, haben sie so etwas schon einmal erlebt?

Monin: Nein, Gott sei Dank noch nicht, das war einzigartig. Zumal unsere Beziehung zu den Weißenburgern ja gut ist. Aber das lag an einzelnen Personen, die sich nicht im Griff hatten.

ST: Welche Wellen hat dieser Spielabbruch denn in den vergangenen Tagen geschlagen? Auch der Leser der „Süddeutschen“ und der „BILD“ kennt ja mittlerweile den TSV 1860 und den FV...

Monin: Stimmt, es kamen aus ganz Bayern Anfragen, was denn da los war. Auch die türkische Zeitung „Hürriyet“ wollte darüber berichten. Darauf muss man aber nicht stolz sein. Und anscheinend kommt man nur mit negativen Schlagzeilen in die überregionale Berichterstattung.

ST: Weißenburg hat seinen Spieler Dominik Haman umgehend suspendiert. Welche Konsequenzen hat der FV Wendelstein intern gezogen?

Monin: Wir hatten zunächst auf Funktionärsebene und dann mit der gesamten Mannschaft ein Gespräch. Tolga Dogan wird bis zum Jahresende nicht mehr am Spielbetrieb teilnehmen und trainiert auf Bewährung. Allerdings hatten wir vorher nie ein Problem mit ihm. Er ist zwar übel provoziert worden, was das Spucken aber nicht rechtfertigt. Dann aber, wie der Weißenburger, Selbstjustiz üben, das kann auch nicht sein.

ST: Voraussichtlich kommenden Dienstag wird das Bezirkssportgericht sein Urteil über die Spielwertung fällen. Mit welchem Ausgang rechnen sie, beziehungsweise welche Konsequenzen wären denn überhaupt möglich?

Monin: Wir sind in der 88. Minute 0:2 hinten gelegen, deshalb werden wir das Spiel sportlich auch nicht anfechten. Das keiner Punkte bekommt, halte ich aber auch für möglich. Zu persönlichen Strafen möchte ich nichts sagen, das ist Sache des Sportgerichts.

ST: Der FV hatte in diesem Spiel die Chance auf die Tabellenführung, am Samstag steht das Spitzenspiel gegen den SV Seligenporten II (16 Uhr, Wendelstein) an. Befürchten sie sportliche „Folgeschäden“ bei der Mannschaft?

Monin: Ich glaube nicht, dass wir einen psychischen „Knacks“ bekommen. Wir wollen als Truppe jetzt erst recht beweisen, dass wir erfolgreich sein können – am besten gleich gegen Seligenporten.