Azzouzi betont: "Niemand darf sich für etwas zu schade sein"

29.12.2017, 16:12 Uhr
Erlebt in Fürth gerade seine zweite Amtszeit: Kleeblatt-Manager Rachid Azzouzi.

© Sportfoto Zink / WoZi Erlebt in Fürth gerade seine zweite Amtszeit: Kleeblatt-Manager Rachid Azzouzi.

Herr Azzouzi, Sie haben Fürth 2012 mit der Begründung verlassen, sich weiterentwickeln zu wollen. Was kann Fürth 2017 Ihnen Neues bieten?

Rachid Azzouzi: "Der logische Schritt wäre für mich gewesen, in der Bundesliga mit Fürth als Sportdirektor zu arbeiten. Aber ich hatte mit dem Aufstieg einen Traum verwirklicht. Für mich gab es die Möglichkeit, aus dieser Komfortzone auszubrechen und Grenzerfahrungen zu sammeln. Ich wollte schauen, ob ich unsere Fürther Philosophie ähnlich auch anderswo umsetzen kann."

Und wie fällt Ihr Fazit aus – war das möglich?

Azzouzi: "In Düsseldorf nicht. Im Nachhinein war das vielleicht ein Fehler. Ich habe dort viel Potenzial gesehen. Wir haben gut gespielt, aber keine Punkte geholt und mit einem neuen Präsidenten kamen neue Ideen. In St. Pauli war es anders. Wir haben vor allem im zweiten Jahr viele Spieler geholt, die für die Philosophie standen: junge deutsche Spieler. Es ging um Kontinuität und Entwicklung."

Warum nun zurück nach Fürth?

Azzouzi: "Ich habe das Gefühl, dass wir wieder etwas zusammen entwickeln können. Das Entscheidende ist kurzfristig, dass wir die Klasse halten. Und das werden wir schaffen. Danach müssen wir wieder Stück für Stück zu dem Verein werden, für den sie uns in Deutschland in hohem Maße respektieren."

Seit 2012 ist viel passiert – kann Fürth bei steigenden Gehältern und Ablösen überhaupt noch mithalten?

Azzouzi: "Diese Tatsache ist ein riesiger Nachteil. Wir haben in der Vergangenheit jedoch gezeigt, dass es möglich ist. Es ist immer mehr Geld im Spiel, aber das bedeutet auch: Wenn wir es gut machen, können wir vom Kuchen immer so viel abbekommen, dass wir konkurrenzfähige Mannschaften aufstellen können."

Zuletzt kamen und gingen nur in Kaiserslautern mehr Spieler als in Fürth. Wurde das Fürther Modell überreizt?

Azzouzi: "Im Aufstiegsjahr haben wir unseren Kader zum Beispiel punktuell verstärkt. Das war ein wichtiger Grund, warum wir es geschafft haben. Die Philosophie des Ausbildungsvereins wird immer bleiben, aber man darf es nicht überreizen. Wichtig ist, dass man an Spieler auch in schwierigen Phasen glaubt. Man muss Zeit und Vertrauen in sie investieren und sie zusammenwachsen lassen. Gerade in der zweiten Liga ist das wichtig."

In Fürth hatten Sie lange den Ruf, nur der Azubi von Präsident Helmut Hack zu sein. Haben Sie dieses Mal auf mehr Kompetenzen gedrängt?

Azzouzi: "In Vereinen gibt es immer einen, der der Boss ist. Der heißt dann vielleicht Vorstandsvorsitzender und nicht Präsident. Es geht immer um die Art der Zusammenarbeit. Azubi wurde geschrieben. Das finde ich respektlos, aber es kümmert mich auch nicht."

Musste der Präsident trotzdem Zugeständnisse machen?

Azzouzi: "Er musste keine machen. Natürlich haben wir uns alle weiterentwickelt und mit anderen Menschen zusammengearbeitet. Der Präsident hat mir die Möglichkeit gegeben, mich zu entwickeln. Dafür bin ich dankbar."

Zum Bereich Ihres Vorgängers Ramazan Yildirim zählte auch die U23. Haben Sie die von ihm übernommen?

Azzouzi: "Das komplette Nachwuchsleistungszentrum gehört zu meinem Aufgabengebiet. Aber ich werde das nicht alles alleine ableisten können. Da geht es um das Team und nicht darum, was unter mir ist. Natürlich gibt man gewisse Leitlinien vor. Mein Hauptaugenmerk liegt erstmal auf der Lizenzmannschaft, denn damit steht und fällt alles."

Helmut Hack hat angekündigt, sich irgendwann zurückziehen zu wollen. Werden Sie im sportlichen Bereich der starke Mann?

Azzouzi: "Ich habe keinen Machthunger. Als Mannschaftssportler ist der Teamgedanke bei mir schon immer sehr ausgeprägt gewesen. Wenn man glaubt, man sei wichtiger als andere, dann ist eh schon alles zu spät. Man ist immer nur so stark, wie alle Mitarbeiter um einen herum auch stark sind."

Wie ist Ihr Eindruck vom jetzigen Kader nach den ersten Wochen?

Azzouzi: "Innerhalb der Lizenzmannschaft habe ich einen respektvollen, intensiven Umgang aller mitbekommen. Wenn wir ein Tor geschossen haben, sieht man, was für ein Zusammenhalt da ist."

Harte Arbeit für den Klassenerhalt

Fehlt es im Kader nicht auch schlicht an Qualität?

Azzouzi: "Wenn man unten drin steht, hat das mit vielem zu tun. Auch, dass vielleicht die Qualität in manchen Phasen gefehlt hat. Jedoch hat die Truppe genug Potenzial, um die Liga zu halten. Wir haben Robustheit, Geschwindigkeit, spielerische Elemente gepaart mit einem tollen Teamgeist. Wenn du mit vier Niederlagen startest, musst du das erstmal aufholen."

Aber auch in den ersten Wochen unter Damir Buric lief es nicht gut.

Azzouzi: "Das ist nur teilweise richtig. Wenn du schon mit vier Niederlagen startest, dann fällt eine weitere kleinere Negativserie extrem auf. Aber fast alle seine Heimspiele hat er gewonnen, das ist kein Selbstläufer und Beleg für die gute Entwicklung."

Die Auswärtsschwäche spricht für fehlende Konstanz. Andere haben es geschafft, mit ein paar Siegen aus dem Tabellenkeller zu kommen.

Azzouzi: "Die, die gewonnen haben und jetzt im Mittelfeld stehen, sind noch lange nicht gesichert. Uns ist klar, dass wir verdammt hart arbeiten müssen, um die Liga zu halten. Das kann auch ein Vorteil sein."

Wo liegen bei den Wintertransfers die Prioritäten?

Azzouzi: "Natürlich machen wir uns Gedanken, wie wir Dinge punktuell verändern können. Entscheidend ist aber: Wir müssen schauen, was Sinn macht. Das ist keine Floskel. Die Auswahl besonders im Winter ist nicht riesig. Deshalb muss unsere Hauptaufgabe sein, die Jungs, die da sind, besser und stärker zu machen."

"Das ist kein Führungsspieler-Problem"

Mit dem drohenden Abstieg gestalten sich vermutlich Vertragsverlängerungen schwierig. Sind die momentan ein Thema?

Azzouzi: "Es ist nicht einfach, aber ich habe nicht erwartet, dass es ein einfacher Job wird. (lacht) Die Spieler wissen, dass die Priorität gerade auf dem Klassenerhalt liegt."

Fehlt der Mannschaft eine Achse aus erfahrenen Führungsspielern? Außer Marco Caligiuri, Jurgen Gjasula, Roberto Hilbert und den beiden Torhütern sind nicht viele da.

Azzouzi: "Ich glaube, dass eine tolle Hierarchie wachsen kann. Zu den genannten Jungs haben wir mit Maximilian Wittek einen, der Führungsspieler werden kann, wenn er länger bleibt. Mit Magyar und Maloca haben wir gute Typen, die Verantwortung übernehmen können. Das ist kein Führungsspieler-Problem. Das Problem ist, dass die noch nicht lange bei der Spielvereinigung sind."

Wie beurteilen sie nach den ersten Wochen die Arbeit von Trainer Buric?

Azzouzi: "Sehr positiv. Wie er mit der Mannschaft umgeht, wieviel Intensität im Training steckt. Auch wie die Mannschaft auftritt, was Teamgeist und Hierarchie angeht. Er ist ein sehr kommunikativer und offener Trainer."

Oft wurde kritisiert, dass er die Liga vorher nicht kannte.

Azzouzi: "Domenico Tedesco und Julian Nagelsmann kannten die Bundesliga auch nicht. Das ist kein Grund für Kritik. Es arbeiten so viele Leute im Trainerteam, die sich in der Liga bestens auskennen. Und Damir ist total wissbegierig und fleißig. Das ist der Anspruch, den die Spielvereinigung haben muss: Niemand darf sich für etwas zu schade sein. Wir verfolgen alle das gleiche Ziel."

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