Club-Geflüster: Weihnachtspullover und Wirtschaftswut

24.11.2016, 21:59 Uhr
Thomas Grethlein und Michael Meeske wollen den Club für finanzstarke Investoren öffnen.

© Sportfoto Zink / DaMa Thomas Grethlein und Michael Meeske wollen den Club für finanzstarke Investoren öffnen.

Wer wird vermisst? Am Montagabend beim VfB Stuttgart muss der Club ohne seinen gelb-gesperrten Kapitän Miso Brecko auskommen. Auf der rechten Abwehrseite könnte sich so die erste echte Bewährungschance für den 19-jährigen Patrick Kammerbauer eröffnen. Und vielleicht wird Brecko dann ja gar nicht wirklich vermisst.

Mitarbeiter der Woche: Ulrich Planer. Dem jungen Mann, stolzer Sieger eines vom Verein ausgeschriebenen Kreativwettbewerbs, ist es zu verdanken, dass der Club nun auch einen "Ugly Christmas Jumper" in seinen Fanshops zum Verkauf anbietet. Dass das Design des weihnachtlichen Strickwerks am Ende allerdings nicht mehr viel mit Planers individuellem Entwurf zu tun hatte, sondern aus produktionstechnischen Gründen das Tannenbaum-Motiv eines internationalen Herstellers (der auch den FC Southampton mit exakt solch saisonaler Oberbekleidung belieferte) übernommen wurde, hätte man vielleicht etwas klarer kommunizieren können. Die durch das Internet schwappende Empörungswelle wirkte dann aber doch reichlich bizarr. Als hätte man in Nürnberg gerade keine anderen Probleme als brunzhässliche Pullover. (Nachtrag: Für die Irritationen hat sich der Verein inzwischen öffentlich entschuldigt.)

Nervensäge der Woche: Mario Weger. Trotz bestimmt intensivster Bemühungen schafft es der Berater von Guido Burgstaller einfach nicht, seinen Schützling zur Verlängerung des auslaufenden Vertrags beim Club zu überreden. Ein Abschied des Kärtner Knipsers, bei einem reizvollen Angebot vielleicht sogar schon in der Winterpause, scheint damit besiegelt zu sein. Vielleicht hat ja sogar Cardiff City wieder Interesse.

Wenn das letzte Spiel ein Kinofilm gewesen wäre, hieße es: "Even Allmächtig"

Spruch der Woche: "Bei St. Pauli war ich auch nicht der Liebling der Kurve, aber damit muss man leben können. Meine Aufgabe ist es nicht primär, mich beliebt zu machen." (Finanzvorstand Michael Meeske zu den persönlichen Anfeindungen der auf Konfrontationskurs gegangenen Ultras)

Lügt die Tabelle? Trotz mittlerweile sieben Spielen ohne Niederlage tritt der Club als Zehnter ein wenig auf der Stelle – die Nachwehen eines miserablen Saisonstarts. Bis zu Rang drei sind es zwar nur überschaubare fünf Punkte, doch wären eben gleich sieben Konkurrenten zu verdrängen. Einer davon – und damit weiterhin Frankens aktuelle Nummer eins - ist nach dem 2:2 immer noch der renitente Emporkömmling Würzburger Kickers. Die Tabelle lügt vielleicht nicht, aber sie lässt bisweilen einen seltsamen Sinn für Humor erahnen.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Was soll besser werden? Ob Ballbesitz, Passgenauigkeit, Zweikampfquote, Torschüsse oder Flanken - was die statistischen Eckdaten betrifft, war der Club Würzburg in allen Belangen überlegen. Trotzdem reichte es dank Even Hovlands spätem Ausgleichstor gerade noch so zu einem Remis. Also gilt es, vorne an der Effizienz zu feilen. Und hinten den Laden wieder dichtzukriegen.  

Und sonst so? Talkin' bout an "e.V.olution": Die von Vorstand und Aufsichtsrat angestrebte Strukturreform des eingetragenen Vereins samt Ausgliederung der Profiabteilung in eine Kapitalgesellschaft bewegt die Gemüter. Während die Befürworter eine Öffnung für Investoren als einzige Chance sehen, den finanziell angeschlagenen Zweitligisten mittelfristig wieder auf Kurs zu kriegen, warnen Kritiker vor einem Verlust von Tradition, Identifikation und Mitbestimmung oder fürchten gar, ihr Club könne zum Spielball eines dubiosen Scheichs werden. Ob es beim TSV 1860 München auch Weihnachtspullover gibt?

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