Club vs. Fürth: Sehnsucht nach einem Fußballfest

20.12.2014, 05:59 Uhr
Club vs. Fürth: Sehnsucht nach einem Fußballfest

© Roland Fengler

Die Schweizer Kleinstadt Aarau im Kanton Aargau muss leider ohne Derby auskommen. Aus René Weiler, dem ehemaligen Trainer des lokalen Fußball-Clubs, ist trotzdem etwas geworden; die Brisanz solcher Partien kennt er vor allem aus seiner Zeit als Profi beim FC Zürich. Gegen den Grasshoppers Club, den Erzrivalen, ging’s auch regelmäßig hoch her, erinnert sich Weiler, wie bei allen Derbys, "überall auf der Welt".

So viel Tradition wie das in Mittelfranken haben aber nicht viele. Zum offiziell 258. Mal treffen die beiden Nachbarn aufeinander, Weiler weiß das, mit dem 257. hat er sich ebenfalls beschäftigt. Aber nur kurz. Stichwort einszufünf. Ein Video vom Debakel im Ronhof wird Weiler aus psychologischen Gründen nicht vorführen. "Dem einen oder anderen", glaubt Weiler, "ist das sicher noch im Hinterkopf." Obwohl am Samstag voraussichtlich nur fünf Spieler aus der damaligen Startelf anfangen dürfen. Beim Club hat sich seitdem ja einiges getan. Sogar der Trainer ist neu. "Es ist toll, so einen Halbsaisonabschluss zu haben", sagt Weiler, für den Schweizer Franken ist das Derby "ein Anlass, der Freude bereiten soll". Oder einfach: ein Fußballfest.

"Wir machen kleine Fortschritte"

Irgendwie, findet Wolfgang Hesl, sind doch alle Derbys gleich. Egal, wo sie stattfinden, wer gegen wen spielt - es ist immer und überall etwas ganz Besonderes. Deshalb muss der Kapitän der Spielvereinigung Greuther Fürth auch nicht jedem Neuzugang die tiefere Bedeutung der Partie gegen den 1. FC Nürnberg erklären, findet er. "Jeder Spieler, egal wo er bisher war, hat schon einmal ein Derby erlebt. Und wenn es nur das gegen das Nachbardorf war."

Wolfgang Hesl hat seine ersten Derbys auf einem Dorfsportplatz in der Oberpfalz erlebt. "Ich weiß, was Derby-Rivalität bedeutet, nicht erst, seit ich Profi bin", erzählt der 28-Jährige, der als Kind zu den 1000 Zuschauern gehörte, für die das A-Klassenspiel zwischen Altfalter und dem Nachbarort Altendorf, "dem Erzfeind", zu den ganz großen Spielen des Fußballjahres zählte. "Nicht immer", sagt der Torhüter, "haben am Ende auch 22 Spieler den Platz verlassen".

Das Video wird präsentiert von Franken Fernsehen

Hesl glaubt nicht, dass ein erneuter Derbysieg die verkorkste Hinrunde mit einem Schlag reparieren könnte: "Ein Sieg holt uns die verlorenen Punkte nicht zurück. Und auch nach einem weiteren 5:1 wüssten wir, dass jetzt nicht alles gut wäre." Trotzdem sieht der Kapitän die Mannschaft auf einem guten Weg, es muss sich gar nicht viel ändern, findet der Kapitän, um in der Rückrunde durchzustarten. "Wir machen kleine Fortschritte", sagt Hesl, "die für den Außenstehenden nicht immer nachvollziehbar sind."

Füllkrug ein gefragter Interviewpartner

Mindestens kleine Fortschritte, findet Niclas Füllkrug, macht auch sein Club, seit dem Trainerwechsel sogar etwas größere. Mit René Weiler kam vor allem das Glück zurück nach Nürnberg, wie die vier Siege mit jeweils nur einem Tor mehr zeigen.

Niemand im Nürnberger Aufgebot kennt die Fürther besser als Füllkrug, vergangene Saison war er selbst noch einer, damals ausgeliehen von Werder Bremen. Deswegen ziert Füllkrugs Konterfei selbstverständlich auch das Stadionheft und ist der gebürtige Niedersachse ein gefragter Interviewpartner vor dem Derby. "Ich hoffe natürlich, dass es ein tolles Spiel wird", sagt Füllkrug, der aktuell keinen Kontakt pflegt zu den Ex-Kollegen, warum sollte er auch. Seine ganze Konzentration gilt dem Club und der Aufgabe, die offiziell nicht den Arbeitstitel "Revanche für das 1:5" hat. Stattdessen halten sie den Ball flach. "Wir haben noch eine Kleinigkeit gutzumachen", sagt Füllkrug bloß, "allerdings haben wir denen die Tore damals ja aufgelegt." Am Samstag sollen die Fürther vor allem das neue Selbstbewusstsein der Nürnberger zu spüren bekommen.

"Ein Derby hat ja seine eigenen Gesetze"

"Nach solchen Spielen", sagt Fürths Trainer Frank Kramer, "lechzt man doch als Fußballer - eine super Atmosphäre, ein Spiel, in dem man viel an Image gewinnen kann." Das ist vielleicht die größte Chance für das Kleeblatt, nach zuletzt enttäuschenden Auftritten und den ersten Pfiffen der Fans - 90 Minuten, in denen man viel Euphorie entfachen, in denen man all die torlosen Wochen vergessen machen kann und den Absturz in der Tabelle. Das war schon im Hinspiel gelungen, mit jenem glorreichen 5:1 im ersten Pflichtspiel im Ronhof nach dem traurigen 1:1 in der ohne Niederlage verlorenen Bundesliga-Relegation gegen den Hamburger SV.

"Das jetzt", sagt Frank Kramer, "wird aber ein ganz anderes Spiel als das Hinspiel, dafür können wir uns jetzt nichts mehr kaufen." Zwar kämpfe der eine oder andere mit kleineren Blessuren - "da gilt es jetzt aber die Zähne zusammenzubeißen", um das Jahr, wie Kramer sagt, zu einem versöhnlichen Abschluss zu bringen.

"Wir werden noch einmal alles geben", verspricht der Trainer, "wir wissen aber ob der Schwere der Aufgabe." Fürth sieht sich am Samstag als Außenseiter, nicht nur, weil der Club das Kleeblatt in der Tabelle überholt hat. "Ein Derby", sagt der Trainer, "hat ja seine eigenen Gesetze. Und wir müssen uns bemühen, die Gesetzmäßigkeiten umzusetzen."

Nürnberg: Rakovsky - Celustka, Mössmer, Hovland, Pinola – Polak, Petrak – Candeias, Schöpf, Füllkrug – Sylvestr.

Fürth: Hesl - Pledl, Caligiuri, Röcker, Gießelmann – Fürstner, Stiepermann – Lam, Schröck – Wurtz, Przybylko.

Schiedsrichter: Meyer (Burgdorf).

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