Das Algorfa-Fazit: Selbstbewusster Sabiri sticht heraus

23.1.2017, 16:15 Uhr
Die Talente Steffen Eder, Dominic Baumann und Abdelhamid Sabiri (v. l.) hoffen auf eine Profikarriere.

© Fotos: Sportfoto Zink Die Talente Steffen Eder, Dominic Baumann und Abdelhamid Sabiri (v. l.) hoffen auf eine Profikarriere.

"Wenn man es positiv sehen will: Wir hatten vor Ort ja auch keine 18 Grad, sondern nur fünf oder sechs. Der Temperaturunterschied wird also nicht allzu groß ausfallen", stellte Cheftrainer Alois Schwartz nicht ganz frei von Ironie fest.


Kälte und Kräftemessen

Trotz irregulärer Bedingungen – heftiger Regen, Schnee, Hagel, Blitz und Donner begleiteten das einzige Freundschaftsspiel vor Ort – war es ein gelungenes Kräftemessen. Das spiegelte sich gegen den Schweizer Erstligisten FC Sion nicht nur im Ergebnis (3:2 durch Tore von Tim Matavz, Miso Brecko und Hanno Behrens) wider. "Wir mussten uns gut wehren und auch den Bedingungen Stand halten", lobte Schwartz, der selbst noch nie beim Zuschauen am Spielfeldrand so gefroren hatte.


Verlust und Verzicht

"Wir haben einen verloren, den wir nicht verlieren wollten", so die Sicht des Trainers, der Guido Burgstallers Transfer zum FC Schalke 04 aber nicht für ein Lamento nutzte. Letztendlich ließ der Millionendeal nur zufriedene Gesichter zurück. "Guido war ein wichtiger Faktor, aber so ist das Profigeschäft, rumweinen bringt nichts." Einen ähnlichen Geldregen bringt die sechsmonatige Ausleihe von Enis Alushi zum israelischen Erstligisten Maccabi Haifa nicht mit sich. "Er hatte wenig Einsatzzeit und wollte weg, und auch das ist nachvollziehbar", so der Coach über den zu verschmerzenden Mittelfeldspieler.

Absprung und Abschiebung

Auf die Erlaubnis für eine Luftveränderung muss der unzufriedene Even Hovland dagegen weiter warten. Der Wechselwunsch des norwegischen Nationalspielers wurde von der Knieverletzung von Innenverteidigerkollege Dave Bulthuis mit einem noch unvorhersehbaren Genesungszeitpunkt durchkreuzt. "Obwohl sich Even mit Abwanderungsgedanken trägt, hat er stabil trainiert, seine Leistung professionell abgerufen und sich nichts anmerken lassen", attestierte Schwartz Hovland die richtige Einstellung.

Willi Eveseev spielte bei einem kasachischen Verein vor, eine Entscheidung soll in den nächsten Tagen fallen. "Ich hoffe, dass er einen Verein findet. Er muss in seinem Alter Fußball spielen", sagte der Trainer.

Gleiches gilt für Jakub Sylvestr, dem Edelreservisten wurde bereits mehrfach ein Wechsel nahegelegt. Um den Vorgang zu beschleunigen durfte der Slowake nicht mit ins Trainingslager reisen, schaut sich aber wohl auch wegen eines exorbitant guten und noch bis Sommer laufenden Vertragswerks nur halbherzig nach einem neuen Arbeitgeber um.


Pechvogel und Profiteur

"Ich wollte ihn mal länger sehen, aber nach fünf Minuten war das Experiment leider vorbei. Dadurch hat er natürlich auch nichts zeigen können", sagte Schwartz über das misslungene Comeback des gefühlt dauerverletzten Shawn Parker. Des einen Leid ist des anderen Freud: "Rurik Gislason hat es dafür sehr gut gemacht. Das hat mir zumindest mal einen Wink gegeben", ergänzte der Coach, der den nächsten Anlauf des isländischen Nationalspielers, endlich zur Stammkraft aufzusteigen, gespannt verfolgt.


Bronchitis und Blessuren

Raphael Schäfer konnte wegen einer schweren Erkältung keine einzige Trainingseinheit vor Ort absolvieren. Der Oldie schaute bei seinem letzten von unzähligen Wintercamps als Profi nur einmal kurz auf dem Trainingsplatz als Kiebitz vorbei und galt ansonsten als das Phantom von Algorfa. Kevin Möhwald und Ondrej Petrak kamen mit kleineren muskulären Problemen davon, während sich Thorsten Kirschbaum bei einer Parade eine leichte Armverletzung zuzog und vorerst pausieren muss. "Die Gruppe ist momentan sowieso nicht so groß, so etwas stört dann schon sehr und macht auch ein bisschen Sorgen. Aber wir haben ja noch eine Woche Zeit", sagte Schwartz, den die hervorragenden Konditionswerte seiner Akteure über die Ausdünnung hinwegtröstete. Grundlagen waren bereits vor der Winterpause gelegt worden. Und auch im Weihnachtsurlaub erledigten die Spieler anscheinend ihre Hausaufgaben. "Im Vergleich zum Sommer haben wir uns deutlich gesteigert."

Dutzend und Dynamik

Mit dem nachgereisten Keeper Ramon Castellucci, Steffen Eder, Dominic Baumann, Abdelhamid Sabiri und Dennis Lippert hatte Schwartz, Verfechter der Juniorenausbildung, ein halbes Dutzend Nachwuchshoffnungen mit an die Costa Blanca beordert. "Die Jungen haben in gewisser Art und Weise auf sich aufmerksam gemacht. Dass sie noch nicht auf Zweitliganiveau sind, ist ganz normal." Immerhin warten alle noch auf ihr Profidebüt: "Das, was sie mir zeigen, macht mich zuversichtlich." Herausstechen konnte Sabiri, der sich ein Extralob des Trainers verdiente: "Er kann ein Eins gegen Eins sehr gut auflösen, aber übertreibt es manchmal auch noch mit dem Dribbling. Ich hoffe er lernt schnell, weil er schon sehr gute Anlagen hat." Neben einem guten Spielverständnis und einem präzisen Schuss glänzte der 20-jährige Deutsch-Marokkaner gegenüber den anderen Novizen mit einem deutlich ausgeprägteren Selbstbewusstsein. "Er ist sicher nicht auf dem falschen Weg", meinte Schwartz.


Verstärkung und Versuchung

Die Kriegskasse wäre gefüllt, ließ Sportvorstand Andreas Bornemann nach dem Burgstaller-Transfer durchblicken, schloss aber Aktionismus aus. Schwartz verbrachte während des Trainingslagers Stunden damit, Zusammenschnitte von potenziellen Neuzugängen auf seinem Laptop zu studieren: "Wir müssen aber jemanden finden, der uns auch wirklich was bringt." Eine sprachliche Barriere stünde dem Wunsch nach sofortiger Integration entgegen. Edgar Salli, aktuell beim Afrika Cup mit Kamerun aktiv, soll nach seiner Rückkehr zudem wieder eine Option für die Offensive sein. "Er hat auch ein bisschen Anpassungszeit gebraucht, aber er ist eine gute Alternative", sagte Schwartz.


Zögern und Zuversicht

Vor dem Auftakt am kommenden Sonntag zu Hause gegen Dynamo Dresden hält sich der Club mit kühnen Prognosen bedeckt, will aber auch nicht zu tief stapeln. Abgeschrieben hat man die Saison nach dem Verlust von Toptorjäger Burgstaller nicht. "Wir wollen erst einmal schauen, wie wir aus der Pause kommen und in den ersten drei Spielen abschneiden. Im Fußball geht es manchmal sehr schnell", meinte Schwartz. Und dann manchmal ja sogar in beide Richtungen.

3 Kommentare