DTM-Pilot Ekström: Wenn der Kragen platzt, platzt er eben

25.6.2016, 11:42 Uhr
DTM-Pilot Ekström: Wenn der Kragen platzt, platzt er eben

© Ralf Rödel

Herr Ekström, hat sich an diesem Wochenende schon jemand bei Ihnen bedankt?

Mattias Ekström: Bedankt? Meistens wird mit mir geschimpft, wenn ich mal wieder nicht brav war. Gelobt werde ich eher selten.
 
Aber zumindest die Veranstalter müssten doch eigentlich sehr zufrieden sein. Mit Ihrer Kritik an den Kollegen haben Sie viel Aufmerksamkeit erregt und dem Vorverkauf sicher nicht geschadet?

Ekström: Nunja, alle wollen Aufmerksamkeit, aber nicht alle sind bereit, dafür etwas zu tun. Eigentlich bin ich auch ein ganz lieber Junge, aber wenn mir der Kragen platzt, dann platzt er eben.
 
Sie stehen also auch mit etwas Abstand noch zu Ihrer Kritik?

Ekström: Wenn ich mich aufrege, sage ich schon mal was Dummes. Die Wortwahl kann man diskutieren, aber ich habe ja nicht ohne Grund geschimpft. Ich fand das Verhalten (von Maximilian Götz und Felix da Costa, d. Red.) nicht in Ordnung.

Aber wurden die Zweikämpfe auf der Strecke nicht schon immer hart geführt?

Ekström: Das schon, aber durch die Regeländerungen trifft man inzwischen alle Fahrer irgendwann einmal auf der Strecke. Auch diejenigen, die man eigentlich gar nicht treffen möchte. Der Unterhaltungswert ist dadurch vielleicht gestiegen, aber als Sportler möchte ich mich eigentlich nur mit den Besten messen. Mit Marco Wittmann oder Bruno Spengler liefere ich mir gerne harte Duelle, aber andere merken es nicht, wenn sie keine Chance haben und ruinieren dann auch das Rennen von anderen.
 
Aber es heißt doch immer, dass das Fahrerfeld der DTM sogar noch besser ist als das der Formel 1.

Ekström: "Besser" ist relativ. Ich glaube, wir haben sehr viele schnelle Fahrer, aber nicht alle sind auch schlau.


Hier geht es zu unserem Live-Ticker vom Norisring 2016!


 
Sie landen im Qualifying meistens nur im Mittelfeld, das befeuert den Unterhaltungswert.

Ekström: Es gibt im Qualifying fast keinen Unterschied mehr. Erst im Rennen, wenn der Reifenverschleiß einsetzt und der Tank voller ist, kommt das Fahrgefühl mehr zur Geltung. Und abgesehen davon: Ich lerne eben immer noch dazu.
 
Wer im Qualifying schnell ist, wird im Rennen mit Zusatzgewicht bestraft. Wie bewerten Sie das aktuelle Regelwerk?

Ekström: Jeder Fahrer soll die Möglichkeit haben das Rennen zu gewinnen, das verstehe ich - aber ich bin kein Fan davon. Als wir letztes Jahr an den Norisring kamen, hatten wir vorher einen super Job gemacht und hatten deshalb viel Erfolgsbalast im Wagen. Ich habe vielleicht das beste Rennen meines Lebens gemacht, war am Ende aber nur Vierter. Und hinterher muss man stundenlang darüber diskutieren, warum wir mit Audi hier nie gewinnen.
 
Sie haben das Gefühl, dass Ihre Qualitäten als Fahrer nicht richtig wahrgenommen werden.

Ekström: Den Zuschauern sind diese Regeln nicht zu vermitteln. Wird Bayern München dafür bestraft, wenn sie Meister werden? Nein. Aber im Motorsport, nicht nur in der DTM, werden die Besten bestraft, weil manche Leute denken, dass sonst der Unterhaltungswert leiden könnte. Sport sollte Sport bleiben.
 
Als zweimaliger Champion sollte Ihre Meinung bei diesem Thema doch etwas zählen.

Ekström: Ich richte mich nach den Regeln, die man uns vorgibt, aber wenn mich jemand danach fragt, sage ich auch ganz offen: Das Grinsen in meinem Gesicht wäre größer, wenn wir die Zusatzgewichte abschaffen.
 
Sie sind trotzdem einer der wenigen Fahrer im Feld, der seit Jahren immer vorne mit dabei ist.

Ekström: Mein Ehrgeiz und meine Neugierde sind der Schlüssel, ich bin Perfektionist.
 
Sie führen aktuell auch die Rallycross-Weltmeisterschaft an, da fehlt Ihnen der Titel noch.

Ekström: Als kleiner Junge waren die Rallye-Fahrer meine Helden; Walter Röhrl, Stig Blomqvist und wie sie alle hießen. In Schweden wusste ich damals gar nicht, was die Formel 1 ist. Dafür schäme ich mich nicht, das ist das, wo ich herkomme.

Weshalb hat es Sie dann zu den Tourenwagen verschlagen?

Ekström: Mir war Sauberkeit schon immer wichtig. Auf Dauer verträgt sich das nicht, wenn man seinen Wagen in den Dreck fährt. Auf meine alten Rennfahrer-Tage lerne ich einen Allradantrieb aber auch wieder zu schätzen.
 
Nimmt man vom Rallyesport auch etwas mit in die DTM? Die Bodenwellen am Norisring sollen ja immer heftiger werden.

Ekström: Das sagen vielleicht die jungen Fahrer, die nichts mehr gewöhnt sind. Früher gab es hier viel mehr Bodenwellen, das war der Charme der Strecke, weil es noch mehr auf Fahrgefühl ankam. Inzwischen haben sie die meisten Stellen leider ausgebessert.
 
2013 haben Sie hier gewonnen, wurden hinterher aber disqualifiziert, weil Ihnen Ihr Vater Wasser in den Anzug geschüttet hatte.

Ekström: Hätte auch niemand gedacht, dass 0,2 Liter Gerolsteiner so wertvoll sein können...
 
Den Pokal würden Sie schon noch gerne mit nach Hause nehmen oder?

Ekström: Der von 2013 steht immer noch beim Team rum, weil es ja keinen Sieger gab. Sollte ich es doch noch schaffen, am Norisring zu gewinnen, werde ich es mir erlauben, den alten Pokal so richtig zu verschrotten. Der neue würde dann einen Ehrenplatz bekommen. Ein Sieg am Norisring ist bei Audi wie ein halber Meistertitel.
 
Abseits der Strecke sind Sie immer für einen lockeren Spruch gut, am Steuer aber immer hochkonzentriert. Wie schaffen Sie es, so schnell umzuschalten?

Ekström: Ich habe gemerkt, dass es keinen Sinn macht, ein Langweiler zu sein, wenn man den Helm abnimmt. Aber wenn ich die Ohrenstöpsel einsetze, kenne ich keine Freunde mehr.
 
Sie starten seit 15 Jahren in der DTM, hat man nach dieser Zeit noch Freunde im Fahrerfeld?

Ekström: Ich bin nicht hier, um Freunde zu finden. Alle essen aus dem selben Napf, wie sollen all diese Alphatiere befreundet sein? Ich versuche respektvoll zu sein, aber wenn ich mein Ego hinten anstelle, sollte ich mir einen anderen Job suchen.

Sie sind der dienstälteste Fahrer im Feld, wie viele Jahre wollen Sie noch dabei sein?

Ekström: Sollte Audi irgendwann sagen: So alte Schweden wie dich brauchen wir nicht mehr, erledigt sich das Thema von selbst. Wenn die Sonne so schön scheint, könnte ich von mir aus noch 20 Jahre hier am Dutzendteich sitzen, aber das darf natürlich nicht der Anspruch sein. Solange ich konkurrenzfähig bin und Spaß habe, werde ich weitermachen.
 

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