Herz und Lunge eines Clubs im Höhenflug

19.9.2012, 06:57 Uhr
Herz und Lunge eines Clubs im Höhenflug

© dapd

Das System ist seit ein paar Jahren ausgesprochen populär. 14 von 18 Bundesliga-Trainern lassen es regelmäßig spielen, darunter Jupp Heynckes und Jürgen Klopp. Joachim Löw in der Nationalmannschaft sowieso. 4-2-3-1. Damit, behaupten die Fachleute, könne man das Feld besonders effizient abdecken. Elementare Bedeutung kommt hierin dem Duo vor der Abwehrreihe zu, das nicht nur Lücken zulaufen und nach Balleroberung möglichst zügig den Gegenangriff einleiten soll. Die beiden im defensiven Mittelfeld sind aufgrund ihres zentral gelegenen Arbeitsplatzes auch so etwas wie das Herz ihrer Elf.

Beim 1. FC Nürnberg haben sich Timmy Simons und Hanno Balitsch auf der sogenannten Doppel-Sechs festgespielt, was auch eine Erklärung für den aktuellen Höhenflug ist. Die Kombination aus körperlicher und mentaler Fitness sowie Erfahrung tut der Mannschaft ausgesprochen gut. 91 Länderspiele hat Simons auf dem Buckel; dass sich seine lange Karriere in der belgischen Auswahl allmählich ihrem Ende zuneigt, ist für ihn zwar schade, kann sich im Verein aber eigentlich nur positiv auswirken.

Knapp hinter „Pizza“ und „Asa“

Zuletzt war Ex-Nationalkapitän Simons zu den WM-Qualifikationsspielen in Wales und gegen Kroatien zwar eingeladen, saß aber nur noch auf der Bank. Den Frust darüber ließ er sich nach seiner Heimkehr höchstens beim Üben mit Dieter Hecking anmerken. „Timmy ist unser Ältester“, sagt sein Chef, „aber er ist auch unser Ehrgeizigster.“ Mit fast 36 weiß er auch, was ein guter Start für den weiteren Rundenverlauf bedeutet: nicht viel. „Der Blick auf die Tabelle ist schön“, sagte Simons nach dem 3:2 in Mönchengladbach, „aber nicht mehr.“ Denn: Es war ja „erst der dritte Spieltag“. 

Simons kann überraschende Höhenflüge wie diesen prima einordnen, dafür hat er einfach schon zu viel erlebt. Freut sich aber trotzdem noch wie ein kleiner Junge über jeden Sieg, Erfolgserlebnisse sind seine Motivation. Und er harmoniert prächtig mit Balitsch, seinem von Woche zu Woche stärker werdenden Nebenmann. Der am Samstag in Mönchengladbach präsent war wie wohl noch nie seit seinem Wechsel von Leverkusen nach Nürnberg vor rund neun Monaten; wie aufgezogen rannte Balitsch über den Platz, bis zur letzten Sekunde, stets auf der Suche nach dem nächsten Zweikampf. Und hin und wieder auch Zug zum Tor; während Simons normalerweise nur bei Eck- und Freistößen nach vorn geht, ist Balitsch der ständige Pendler zwischen Defensive und Offensive. So etwas wie ein Verbindungsspieler.

Die Aufgabe scheint wie für ihn geschaffen worden zu sein. Wobei ihm besonders gefällt, wie die Gruppe gemeinsam Heckings Vorgaben umsetzt. Einen „Mittelweg“ habe man mittlerweile gefunden zwischen kompakter Aufstellung und Risikobereitschaft, die innere Balance stimmt. Wofür auch Balitsch zuständig ist, der am Freitagabend gegen Eintracht Frankfurt ein eher seltenes Jubiläum feiert. 300 Bundesliga-Einsätze schafften vor ihm nicht viele, zumal Balitsch erst 31 ist. In der Rangliste der hierzulande noch aktiven Profis liegt er damit auf Platz drei, knapp hinter Claudio Pizarro (336) und Fürths Teilzeitkraft Gerald Asamoah (307). Viel mehr muss man über Balitsch eigentlich gar nicht wissen.

Ganz nahe an der Bestform

Ob in Köln, Leverkusen, Mainz oder Hannover, er war überall gesetzt. Auch Hecking weiß natürlich, was er an dem einmaligen Nationalspieler hat. Erst recht nach einer kompletten Vorbereitung. „Hanno ist körperlich auf einem absoluten Top-Level“, erklärt sein Trainer, nachdem Balitsch in der Rückrunde der vergangenen Saison wegen einer verschleppten Muskelverletzung erst 70, maximal 80 Prozent seiner Leistungsfähigkeit abrufen konnte. Jetzt nähert er sich seiner Bestform. „Wir profitieren davon, dass wir als Mannschaft funktionieren“, sagt Balitsch, „wir können im Umschaltspiel gefährlich sein und nach Standards, wir sind hochzufrieden.“ Und heiß auf den nächsten Sieg.

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