Ice Tigers: Blick zurück vor den Playoffs

11.3.2016, 21:55 Uhr
Kollektiver Jubel, 161 Mal: Nur eine Mannschaft schoss in der Deutschen Eishockey-Liga mehr Tore als die Ice Tigers – die Iserlohn Roosters (162), Nürnbergers Viertelfinalgegner.

© Fotos: Zink/MaWi Kollektiver Jubel, 161 Mal: Nur eine Mannschaft schoss in der Deutschen Eishockey-Liga mehr Tore als die Ice Tigers – die Iserlohn Roosters (162), Nürnbergers Viertelfinalgegner.

Die Ice Tigers waren schon besser, genau genommen hatten sie nur fünfmal schlechter abgeschnitten, zumindest seit jener Saison, die als Wendepunkt in die Geschichte des Nürnberger Eishockeys eingeht. Vor 1999 waren die Ice Tigers in der DEL ein Punktelieferant, der nur auf den breiten Schultern Roman Tureks einen ernsthaften Gegner abgab. Nach der fulminanten Sause mit Sergio Momesso (und dem Kater nach Finalspiel fünf) entwickelten sich die Ice Tigers allmählich zu Platzhirschen. Mit den 83 Punkten aus der soeben abgelaufenen Saison belegen sie in der ewigen DEL-Tabelle inzwischen Rang vier.

Gemessen an den selbst gesetzten Maßstäben war es also eine eher durchschnittliche Spielzeit. 1,60 Punkte pro Spiel, das war schon mal beeindruckender. 2007/2008 zum Beispiel, nach 115 Punkten in 56 Hauptrundenpartien (2,05 im Schnitt) war allerdings auch bereits im Viertelfinale Schluss. "Das Ausscheiden in den letzten Jahren", stelle Thomas Sabo in einem Interview mit dem eigenen Pressesprechter nüchtern fest, "war teilweise wirklich beschämend."

Das beschämendste Aus aber ereilte die Ice Tigers, als Sabo noch lange nicht darüber nachdachte, das Nürnberger Profi-Eishockey zu retten. Nie zuvor und nie danach war die Enttäuschung so groß, wie nach den fünf Spielen als überlegener Hauptrundensieger gegen die Düsseldorfer EG. Soll heißen: Punkte und Platzierungen sagen nur wenig darüber aus, wie erfolgreich die Playoffs danach werden. 2010 waren die Ice Tigers als Fünfter in die fünfte Jahreszeit gestartet - und scheiterten denkbar unglücklich an den Hannover Scorpions, dem späteren Meister.

Reimer, Reimer, Reimer

Was passiert, wenn er nicht dabei ist, konnte man exemplarisch in den Schlusssekunden des vorletzten Drittels der regulären Saison 2015/2016 beobachten. Der ehemalige Nürnberger Jeff Likens hatte im Wechsel zuvor erfolgreich versucht, Patrick Reimer mit einem Stockschlag auf den Unterarm zu stoppen. Likens zeterte auf der Strafbank, Reimer wurde auf der Nürnberger Bank behandelt und musste mitansehen, wie sein Bruder Jochen den Puck blind hinters Tor auf seinen Ersatzmann passte. Und normalerweise hätte er ihn dort in vollem Lauf aufgenommen, selbst zwei Sekunden vor der zweiten Pause. Kurtis Foster aber hatte nicht damit gerechnet, dass der Torhüter die Scheibe noch einmal im Spiel hielt. Die Wolfsburger Voakes und Fauser schon. Eine Sekunde später stand es 1:2.

"Ich würde ihn am liebsten 22 Mal klonen", sagte Sabo über den Nürnberger Kapitän, "dann wären wir nämlich deutscher Meister." Das kann man sogar dann bestätigen, wenn man Fan der Binse ist, nach der die Offensive Spiele entscheidet, die Defensive aber Meisterschaften. Patrick Reimer ist ein Phänomen, seit jeher ein gefährlicher Angreifer, gerne auch in Spielen gegen die Ice Tigers (Playoffs 2007 und 2008), erst in Nürnberg aber reifte er zum besten Stürmer der Liga. Für die Düsseldorfer EG sammelte er in 408 Spielen 279 Punkte (0,68 im Schnitt). Im Trikot der Ice Tigers steigerte er seine Punkteschnitt auf 1,14 - trotz einer durchschnittlichen ersten Spielzeit (45 Punkte in 52 Partien).

Patrick Reimer

Patrick Reimer

In dieser ersten Saison spielte Reimer aber noch nicht regelmäßig neben dem inzwischen 39 Jahre alten Steven Reinprecht, dem zweiten herausragenden Angreifer der Ice Tigers. Der Kapitän über den ältesten Spieler der Ice Tigers: "Bei uns ist das eine besondere Chemie. Ich habe auch mit anderen hervorragenden Spielern gespielt - ohne diese Chemie. Da können Spieler individuell noch so stark sein, wenn es nicht klick macht, wird man gut spielen, aber nicht auf dem Niveau, auf dem wir die letzten Jahre glücklicherweise spielen konnten. Mit Steven habe ich auf dem Eis ein Verständnis, das in dieser Form selten ist."

Reimer und Reinprecht belegten die ersten beiden Plätze der Scorerwertung der Deutschen Eishockey-Liga. Schöneres Eishockey hat man in der DEL nicht wirklich zu sehen bekommen. Letztlich wird man aber auch diese beiden Eishockey-Künstler allein an den Titeln messen, die sie Nürnberg geholt haben.

Das Motto: mehr Zuschauer

5315 Zuschauer im Schnitt - das wäre ein Rekord, wenn in der Saison 2012/2013 nicht dieses eine Spiel in einem weitaus größeren Stadion ohne Dach ausgetragen worden wäre. Tatsächlich hatten die Ice Tigers noch zweimal bessere Zahlen - allerdings nach dem letzten Playoff-Spiel (2002, 2004). Das Winter Game vor 50.000 Zuschauern war am 5. Januar 2013 die Mutter aller Motto-Spieltage, mittlerweile lässt sich der Klub sechsmal im Jahr etwas Besonderes einfallen.

Wirtschaftlich ist das ein Erfolg, sportlich zumindest in dieser Saison nicht. Nur zwei der Mottospiele konnten die Ice Tigers für sich entscheiden. Bei der Red Party (3:4 gegen Straubing), am Family Day (2:4 gegen Ingolstadt), vor der Ladies‘ Night (2:6 gegen Augsburg) und gegen Krefeld (beim 1:3 herrschte tatsächlich Fasching on Ice) gab es viele Zuschauer und vier Niederlagen. Nur das Derby zur Wiesn (5:4 gegen Ingolstadt) und beim 5:3 gegen Mannheim rockten die Ice Tigers das Haus. Vielleicht bewirbt der Klub die wichtigsten und spektakulärsten Spiele des Jahres ganz ohne Rahmenprogramm und Motto ganz simpel als das was sie darstellen: Playoffs 2016.

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